Donnerstag, 26. Januar 2017
18 The Cassandra Complex “The War Against Sleep”
Donnerstag

Der Tag beginnt lange bevor ich auch nur im Ansatz wach oder bereit bin. Er beginnt auch bevor mein Wecker klingelt. Er beginnt, als das Telefon läutet. Laut und schrill und es hört nicht auf, bis ich den Hörer abnehme. Ehe ich irgendwas sagen kann – und sei es nur meinen Namen oder zumindest Hallo – legt Snake schon los.
„Waller, du musst dir unbedingt eine WAZ besorgen. Das glaubst du nicht.“
Das glaube ich gerne, denn im Moment kann ich das alles gerade gar nicht glauben. Snake hält jetzt inne. Er merkt, dass ich etwas Zeit brauche, um zu mir zu finden. Dann können wir diese Glaubens- oder Nichtglaubensfragen noch einmal angehen. Dann auch vielleicht sogar mit irgendwelchen Erfolgsaussichten.
Mit dem Hörer in der Hand schlurfe ich in die Küche und schalte den Kaffeeautomaten an. Während das Ding vor sich hin lärmt, drehe ich mir eine Zigarette und zünde sie an. Als das Höllengerät endlich erst Kaffe und dann Ruhe gibt, steht Luz in der Tür. Dann wieder Radau. Sie will auch Kaffee. Als sie den hat, ist endlich endgültig Ruhe.
„So, Snake. Was ist los?“
„Wir haben auf dem Rückweg vom Puff unterwegs eine irgendwie herrenlos wirkende Zeitung mitgenommen. Und heute steht da ein Bericht drin. Über das Gewerkschaftshaus, die verschwunden Daten und über die Sprayer. Total gut. Ein echter Hammer. Ist auch schon online. Das müsst ihr selber lesen, sonst kommt das nicht so gut.“
Luz hört mit und startet sofort den Laptop. Ehe ich zu Wort komme, geht es schon weiter.
„Vor dem Puff war echt hart. War ich müde. War das kalt. Von den Leuten, die da rein sind, haben wir keinen erkannt. Wir haben aber so gestanden, dass wir unauffällig Fotos machen konnten. Sobald wir zurück sind, schicken wir die rum. Bis später.“
Ganz schön viel los für halb sechs am Morgen. Wir machen uns noch einen Kaffee und rufen den Artikel auf. Die Schlagzeile lautet „Was geht vor in unserer Stadt?“. Im Nachtleben oft nicht viel, geht mir sofort durch den Kopf, aber darum wird es wohl nicht gehen.
Und dann erfahren wir viele Neuigkeiten, die für uns keine sind. Für andere aber wohl schon. Wir lesen, dass es Gerüchte gibt, dass das Gewerkschaftshaus abgerissen werden soll. Der Name Seelmann fällt. Seelmann leugnet. Die Stadtverwaltung wiegelt ab. Über den Besuch bei Nick in der Kneipe wird berichtet. Besonderes Augenmerk wird auch auf die verschwundenen Daten gelegt. Dazu will die Stadtverwaltung keine Auskunft geben. Am Ende wird es dann noch richtig gut. Da geht es dann um die Graffitis.
Die Sprayer haben der WAZ dazu etwas geschickt. Das haben die dann sogar gedruckt. Parallel rufen wir den Blog auf. Da steht der Text auch. Beide sind eins zu eins identisch. Die WAZ überrascht mich.
Bei den von uns an diversen Stellen angesprühten VOD- Schriftzügen handelt es sich in keinster Weise um Vandalismus. Diese Zeichen sind Teil einer Protestaktion gegen den geplanten Abriss des Gewerkschaftshauses und den damit einhergehenden Neubau von Luxuswohnungen. Unser Ziel ist eindeutig der Erhalt des Gewerkschaftshauses. Weitere Aktionen werden folgen, bis wir unser Ziel erreicht haben.
Ich sehe Luz an und ziehe nur die rechte Augenbraue hoch. Das habe ich als Teenie lange geübt, das war damals cool. Snake hat nicht übertrieben, das ist wirklich der Hammer. Luz macht uns noch eine Kaffee, ich suche nach Musik. Ich will was ruhiges, aber trotzdem mit Power. „Antics“ von Interpol. Top. Von vorne bis hinten. Von Titel eins bis zehn.
Uns fehlen gerade die Worte, deshalb sagen wir auch nichts, sondern genießen schweigend die Musik und den Kaffee.

Auf meinem Schreibtisch sitzt Pete. Im Schneidersitz. Macht er manchmal, wirkt seltsam, stört mich aber nicht. Er hat dicke Ringe unter den Augen. Gersten mit zu viel Bier zu spät im Bett gekommen und heute viel zu früh von Snake wieder raus geklingelt worden. Er sieht so mies aus, wie ich mich fühle. Umgekehrt passt es aber mit Sicherheit auch. Ich habe vorhin mutig in den Spiegel geguckt. Aber nur ganz kurz. Zum Rasieren hat es nicht gereicht.
Der Rechner läuft schon und wir rufen die Mails mit den Bildern ab. Die beiden haben jeden, der rein oder raus ist, fotografiert. Insgesamt sechzehn Typen. Pete kennt keinen davon, ich auch nicht.
Es gibt auch Mails von den anderen. Aber keiner von ihnen kennt einen von denen. Fehlanzeige. Null Punkte für uns. Diese Nacht soll auch dort gelauert werden. Snake meint, das hielte keiner eine ganze Nacht durch. Zwei bis Mitternacht, zwei andere danach. TomTom und Nick haben sich für die erste Schicht ins Spiel gebracht. Ich zögere, Pete winkt resigniert ab. Also machen wir die zweite Hälfte.
Petes Gedanken kann ich in seinem Gesicht lesen. Warum denn mitten im Winter? Warum nicht im Sommer? Da sind die Nächte nicht nur deutlich kürzer sondern auch noch meist viel wärmer.
Ich hebe den linken Arm und balle die Faust. Pete grinst mich an und tut es mir gleich. Aus der geballten Arbeiterfaust wird Schnick. Schnack. Schnuck. ‚Wird bei uns immer mit links gespielt, wer weiß, ob sonst nicht Unheil droht. Schere schneidet Papier. Ich habe gewonnen und halte ihm die offene Hand hin. Er kramt seinen Chip raus und gibt ihn mir. Ich werde heute für uns stempeln, dafür ist er morgen früh dran.
„Hast du heute schon mal in den Blog geguckt?“
Kopfschütteln. Ich rufe die Seite auf. Ein neuer Eintrag von heute. Pete nickt anerkennend, bevor er zu lachen anfängt.
„Die sind echt abgefahren. Das ist mal ziemlich schräg.“
Kein Widerspruch von mir. Die Sprayer waren bei unsrem OB zuhause und haben seinen am Tor hängenden Postkasten mit einem schönen VOD-Schriftzug veredelt. Wie es sich für sie gehört. In Schwarz. In Schablonenschrift. Und das Ganze dann so fotografiert, dass auch sein Name gut leserlich mit drauf ist. Der Typ wird schäumen vor Wut. Und er wird aber auch ein wenig Angst haben. Vielleicht auch ein wenig mehr als nur ein wenig.
Wir verrichten unser Tagwerk mit einer gewissen Tatenlosigkeit. Die Nacht wird noch lang genug. Ich nicke zwischendurch immer wieder am Schreibtisch ein.

Auf dem Heimweg brummt mein Handy. Eine SMS. Die kann ich auch lesen, wenn ich da bin. Als ich den Mantel im Flur aufhänge, merke ich sofort, dass das ein Fehler war. Luz wollte mich warnen. Die Stimme von meinem Vater kommt aus der Küche. Durch die offene Tür sehe ich Luz, die mich anblinkt. Eindeutige Zeichen. Hau ab, ich regele das.
„Ah, da ist er ja endlich.“
Zu spät. Er hat mich gehört und steht auch schon im Flur. Mir schwillt der Kamm. Den kann ich jetzt gar nicht brauchen, vollkommen egal was er will. Luz macht nicht den Eindruck als wolle sie einen Friedenstruppeneinsatz starten. Der imaginäre Blauhelm bleibt im imaginären Spind. Offenkundig hat er sie verärgert.
„Hat dich jemand eingeladen? Zumindest ich kann mich nicht daran entsinnen.“
„Ein wenig mehr Respekt. Ich bin dein Vater.“
Der Satz kommt mir bekannt vor. Könnte aus einem Film sein. Aber wo sind die Laserschwerter?
„Davon habe ich gehört. Scheint auch plausibel. Die Mama hat da auch noch nie widersprochen.“
Jetzt schnappt er nach Luft. Luz auch. Er aus Empörung, sie um sich das Lachen zu verkneifen. Eine gewisse Spannung liegt in der Luft. Was auch immer ihn hier ursprünglich hin geführt hat, das Gespräch scheint bisher nicht nach seinen Vorstellungen zu laufen. Ich frage mich zuerst, was er eigentlich will, dann aber sofort auch, ob ich das eigentlich wirklich wissen will, und zuletzt, ob er das eigentlich noch selber weiß.
„So wie du dich benimmst, das geht nicht.“
Solche Phrasen haut er raus, wenn er nicht mehr weiter weiß. Das ging jetzt aber reichlich schnell. Wenn er nicht gut in Form ist, warum startet er dann so eine Aktion?
„Oh, es tut mir leid, dass ich dich hier nicht empfangen konnte, als du uneingeladen und unangemeldet hier aufgetaucht bist. Ich hatte eine Termin. Der nennt sich Arbeit. Das ist recht wichtig. Damit verdiene ich mein Geld.“
„Hä? So meinte ich das nicht.“
„Dann versuche doch bitte, dich verständlich auszudrücken. So schwer ist das doch gar nicht. Vielleicht erst mal einfache Sätze. Subjekt, Prädikat, Objekt. Danach können wir vielleicht noch eine adverbiale Bestimmung der Art und Weise einbauen.“
Wutschnaubend reißt er die Tür auf.
„Das wird dir noch leid tun!“
Vielleicht später. Jetzt aber erst mal nicht. Ich schließe die Tür mit Schwung hinter ihm wieder. Ganz schön still, wenn keiner brüllt.
„Was wollte der denn eigentlich hier. Hat er mir jetzt gar nicht gesagt.“
Luz hebt die Schultern.
„Weiß nicht. Der hat sofort nur rumgezetert. Bevor ich ihn aber loswerden konnte, bist du aufgetaucht. Hat wohl irgendwie mit dem Bericht in der Zeitung zu tun. Er glaubt wohl, du planst die Revolution. Vielleicht noch keinen Staatsstreich oder gar die komplette Weltrevolution, aber zumindest auf lokaler Ebene. Dabei hast du doch weder Bart noch Baskenmütze. Und mit einer Pistole kannst du auch nicht umgehen.“
So wie sie das sagt und so wie sie dabei guckt, bekomme ich das Gefühl, sie könne das schon. Ich versuche das sofort aus meinem Hirn zu löschen. Darüber will ich gar nicht nachdenken. Hat der katalanische Bürgerkriegskämpfer und Revolutionär seiner Enkelin das schießen beigebracht? Ich will wirklich nicht darüber nachdenken.
Mein Handy klingelt. Ich will Nahrung und Schlaf bevor ich mir die Nacht vor dem Puff um die Ohren schlage. Trotzdem geht mein Blick zum Display. Der Preacherman ruft an. Das ist noch nie vorgekommen. Der Preacherman überrascht mich.
Wenn der Preacherman mich also anruft, bleibt mir keine Wahl, also gehe ich dran. Er klingt beinahe ein wenig aufgeregt und will sich unbedingt noch heute mit mir treffen. Um neun im „Mercy Seat“. Kann ich da nein sagen? Nein, kann ich nicht. Deshalb sage ich zwangsläufig ja. Das war es wohl zumindest mit dem Thema Schlaf. Ich hoffe mir bleibt wenigstens die Nahrung.
Luz lächelt mich an. Mit dem Lächeln, dass Granit schmelzen kann.
„Du hast es wirklich nicht leicht. Ich komme mit. Wir gehen erst auf eine Pizza zum Salvatore und dann weiter.“
Ich bin nicht aus Granit. Ich bin weicher. Wenn auch nur ein bisschen. Also steige ich wieder in die Docs. Zuerst in den linken. Wie immer. Sicher ist sicher. Wer weiß, was sonst passiert.

Im „Mercy Seat“ treffen wir auf Siouxsie und Zeus. Da noch Zeit ist, bis der Preacherman da sein will, gehen wir nach hinten eine Runde kickern. Siouxsie und Zeus gegen Luz und mich. Es wird eine bittere Lehrstunde für Siouxsie. Sie hat sich in ihrem Leben bisher kaum an diesem Spiel versucht, wir dafür um so mehr.
„Ich glaube, ich muss noch viel lernen.“
Luz schaut sie an. Das hat sie vor fünf Jahren auch gesagt, als sie zum ersten Mal mit mir am Tisch gestanden hat. Und sie hat schnell und viel gelernt. Wir nicken Siouxsie aufmunternd zu. Wird schon. Dauert aber. Wahrscheinlich lange.
Wir sind wieder vorne. Kati bringt uns Getränke.
Die Gläser bimmeln.
Der Preacherman kommt in die Kneipe. Aber nicht allein. Er ist in Begleitung.
Vom Preacherman.
Ich kann nicht glauben, was mir meine Augen suggerieren wollen. In Gedanken zähle ich alle Biere, die ich getrunken habe. Ergebnis ist eins plus das gerade angetrunkene. Scheint nicht genug Alkohol für Halluzinationen zu sein. Luz sieht aber genauso erstaunt aus wie ich, es steht ihr aber bestimmt deutlich besser. Kati steht hinter der Theke und zapft ein Bier. Aber sie ist von dem sich bietenden Anblick so fasziniert, dass sie nicht merkt, dass das Glas voll ist und sich das überlaufende Bier den Weg über ihre Hand und dann über ihren Arm nimmt. Sie beginnt am Ellenbogen zu tropfen.
Der hinter dem Preacherman gehende zweite Preacherman ist noch ein Stück höher und noch en Stück breiter. „Tower Of Strength”, aber das sind The Mission und nicht die Fields. Ansonsten ist alles da. Der große Hut, der lange Mantel und die schweren Stiefel. Der Eindruck, den die beiden hinterlassen, ist wirklich beachtlich. Das „Mercy Seat“ hält für einen Augenblick den Atem an. Wenn mir die so im Dunkeln begegnen würden, würde ich Muffe kriegen. Und ich bin kein ängstlicher Typ. Ich glaube, schlimme Dinge passieren immer nur anderen. Nicht nur einfach anderen, sondern richtig anderen. Anderen, die ich auch gar nicht kenne. Leider hat dieser Glaube aber auch nicht immer geholfen.
Die beiden stellen sich zu uns an den Tisch.
„Hi, das ist mein Bruder.“
Wir winken den beiden wortlos zu.
„Ihr könnt mich Watchman nennen.“
Ja sicher, was sonst. Preacherman. Watchman. „Revelations“ The Best Of Fields Of The Nephilim. Die beiden haben bestimmt auch noch eine Schwester, zu der wir Moonchild sagen können. Wir stellen uns auch vor.
Der Watchman zeigt auf den Preacherman.
„Er hat mir die Bilder von den beiden Typen geschickt, die euren Nick verprügelt haben. Den Namen weiß ich nicht mehr, aber ich kenne einen von denen von früher. Deshalb bin ich in der Stadt.“
Offenkundig wohnt er nicht hier. Hat er aber wohl mal.
Der Watchman trinkt ein Bier mit uns und verschwindet dann zeitig wieder. Ich sehe den Preacherman an.
„Was macht er jetzt?“
„Er geht ihn suchen.“
„Wo?“
„Zuerst wohl im Internet. Danach dann in der Realität.“
„Na, hoffentlich kriegen wir den dann auch in einem Stück, wenn er ihn findet.“
„Das hängt dann ganz von ihm ab.“
Ich hatte gescherzt, aber er auch? Da bin ich nicht sicher. Wir wissen fast nichts über den Preacherman. Und über den Watchman erst recht nicht.
Der Preacherman ist vor drei oder vier Jahren hier aufgetaucht. Vorher habe ich ihn hier in der Gegend nirgends gesehen. Und er fällt auf. Ihn übersieht man nicht. Er wird nicht eins mit dem Hintergrund oder der Umgebung.
Als die anderen sich unterhalten, nehme ich ihn ein Stück beiseite.
„Du wohnst doch nicht schon dein ganzes Leben lang hier?“
„Nein.“
„Aber du hast früher auch schon einmal hier gelebt?“
„Auch.“
„Auch?“
„Auch hier, aber auch woanders.“
Ich warte, dass er weiterredet. Er wartet, dass ich aufhöre zu warten. Er kann besser warten als ich. Ich stelle das warten ein.
„Sollen wir übers Wetter reden?“
Er grinst mich an.
„Gerne“

Pete und ich sitzen im Auto und begucken den Eingang vom Puff. Er hat Luz und mich eingesammelt und wir haben sie heim gebracht. Kati hat uns zwei Thermoskannen Kaffe und ein paar Brötchen gemacht. Wir sind dick eingepackt, aber fangen trotzdem schon an zu frösteln. Die Mischung aus Langeweile, Müdigkeit und Kälte ist fatal. Wir trauen uns nicht Musik laufen zu lassen. Wir wollen nicht auffallen und wir wollen auch nicht die Batterie leer saugen. Alle fünf Minuten piepst das Handy. Bist jetzt haben wir nur vier Männer gesehen und fotografiert. Wir kennen keinen von denen. So ging es TomTom und Nick in den Stunden vorher auch.
Es ist jetzt drei. Seit fast einer Stunde ist nichts mehr passiert. Das Leben läuft im Moment in einer Endlosschleife. Ein Durchlauf dauert fünf Minuten. Das Handy piept. Wir zucken zusammen. Starren auf den Puff. Die Lider werden schwer. Dann piepst das Handy wieder. Wir haben noch etwa zwei Stunden. Noch 24 Schleifen zu drehen. Rechnen klappt sogar noch. Erstaunlich.
Pete packt mich am Arm und dann die Kamera vor sein Gesicht.
„Guck!“
Und ich gucke. Deshalb bin ich ja hier. Um zu gucken. Und ich sehe. Ich sehe unseren OB den Puff betreten. Er ist jetzt drin. Zunächst mal im Gebäude. Vielleicht gleich auch woanders. Besser jetzt kein Kopfkino. Pete nimmt die Kamera runter.
„Meinst du, der ist wirklich zum Poppen da?.“
Wir denken nach. Wahrscheinlich nicht. Wenn er zum Poppen in den Puff gehen würde, würde er das nicht hier machen, sondern irgendwo weiter weg. Das würde auch bedeuten, dass er nicht der ist, für den Seelmann bezahlt. Also zieht oder zwingt ihn etwas anderes hier hin. Aber was?
„Vielleicht sollten wir ihn wissen lassen, dass es ein Foto gibt.“
Pete nickt zustimmend, zieht sein Handy raus und fängt an zu tippen.
„Was schreibst du?“
„Ich habe allen geschrieben, dass der OB hier aufgetaucht ist. Und dass du vorgeschlagen hast, dass du ihm morgen das Bild davon zeigst.“
„Ich?“
„Ja meinst du etwa ich? Ihr seid doch alte Kumpels.“
Er grinst ziemlich breit. Ich bin mir nicht sicher, ob er mich nicht ein wenig überrumpelt hat.
„ Ich schicke dir die Bilder vom OB und finde morgen früh raus, ob er im Rathaus ist. Wir wollen ja nicht, dass du vergeblich da reinrauschst.“
Wir durchlaufen ein paar weitere Fünfminutenschleifen. Fotografieren noch drei Typen beim Verlassen des Puffs. Durchlaufen noch ein paar Schleifen. Fotografieren den OB ebenfalls beim Verlassen des Puffs.
„Jetzt dürfte keiner mehr drin sein, oder?
Von mir kommt ein Schulterzucken. Meine ich auch, aber ganz sicher bin ich mir auch nicht. Zehn Minuten später machen wir noch ein Bild von einem Mann der das Gebäude verlässt. Davon sind wir jetzt doch überrascht. Den haben wir nicht reingehen sehen. Vielleicht ist der auf den Bildern von den anderen beiden. Dann war der aber wirklich ganz schön lange da drin.
„Wenn der nicht zum Personal gehört, würde ich gerne wissen, wer der jetzt wohl war.“
Würde ich auch. Wir gucken uns das Bild ganz genau an. Wir kennen den Typ nicht. Das war es hier. Wir satteln die Pferde. Pete setzt mich zuhause ab. Eine emotionale Verabschiedung unter Männer.
„Hau rein!“
„Selber!“
Mühsam schleppe ich mich die Treppe hoch. Luz hat versucht wach zu bleiben, ist daran aber gescheitert und auf der Couch eingeschlafen. Ich trage sie ins Bett, dabei murmelt sie irgendetwas, was ich nicht verstehe. Vielleicht weil das ungarisch, albanisch oder sonstwas in der Art ist. Vielleicht aber auch, weil es einfach nur gemurmelt ist.
Ich küsse sie, auch wenn sie schläft. Weil ich es darf. Weil nur ich es darf.
Das ist es dann aber auch. Bevor ich richtig liege, bin ich bereits eingeratzt.

Game over.

***
Am Montag geht es weiter.

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