Donnerstag, 19. Januar 2017
16 Clan Of Xymox „Stranger“
Dienstag

Luz hat mich weggeschickt, sie will ein bisschen in Ruhe nachdenken. Also ab in die Kneipe. Ab ins „Mercy Seat“. Wohin auch sonst. Zumindest jetzt noch. Wer weiß, was wird. Es ist viel los. Erstaunlich für einen Dienstag. Viele junge Leute, auch die „Dead Drivers“ sind da. In voller Bandstärke. Drei Jungs, zwei Mädels. Wir tauschen Grüße und Blicke.
Pete hatte Durst, deshalb ist er schon hier. Jetzt stehen wir da und grübeln. Wir kommen nicht wirklich weiter, uns fällt nur äußerst wenig ein. Wir reden nicht. Ein angenehmes Schweigen unter alten Freunden. Worte um der Worte Willen würden jetzt nur stören.
Es dauert, bis Nick Zeit findet, sich kurz zu uns zu gesellen.
„Jungs, ich störe nur ungern in eure innige Andacht, aber heute war direkt nach Öffnung so ein Vogel von der WAZ hier.“
Wir starren ihn ziemlich ungläubig an. Wie kommen die Pressemenschen denn jetzt ins Spiel?
„Und was wollte der?“
„Ganz erstaunlich. Denen sind per Mail Informationen zugegangen, dass die Stadt das Gewerkschaftshaus verkaufen will und dass da Wohnungen gebaut werden sollen. Mehr hat er aber nicht rausgerückt. Woher das gekommen ist, hat er mir natürlich auch nicht gesagt.“
„Ja, und dann?“
„Dann wollte er wissen, was ich davon weiß. Dann habe ich ihm gesagt, dass ich nichts wüsste, mich aber gewundert hätte, dass die Dateien vom „Mercy Seat“ beim Ordnungsamt nicht abrufbar sind und keiner weiß warum.“
Er macht eine kurze Pause.
„Ich musste improvisieren, ich habe nicht mit so was gerechnet. Keine Ahnung, ob ich gut reagiert habe.“
Pete und ich schauen uns an und sind uns einig. Das war ein richtig guter Schachzug von ihm. Wir nicken ihm anerkennend zu. Abwarten, was die WAZ daraus macht. Nick muss zurück hinter die Theke.
Ein Typ, etwa zehn Jahre älter als wir, kommt kurz darauf durch die Tür. Er passt hier überhaupt nicht rein, ein totaler Fremdkörper. Unschlüssig bleibt er stehen.
Hinter der Theke schaut Nick Kati an und Kati schaut Nick an. Beide verdrehen die Augen. Begeisterung sieht anders aus. Man scheint sich also schon zu kennen. Mir kommt der Typ eher unbekannt vor. Ich glaube aber auch nicht, da was verpasst zu haben.
Jetzt geht er doch weiter und setzt sich an einen Tisch.
Kati und Nick sind eindeutig irritiert. Wer auch immer das ist, mit dem haben sie absolut nicht gerechnet. Nick will zu ihm, aber Kati hält ihn am Arm zurück. Sie will gehen.
Pete nimmt den Typ genauer ins Visier.
„Ich glaube, dass ist der Vogel von schräg gegenüber, der immer wieder Stress macht. Von wegen zu laut und so.“
Der Typ sitzt nicht weit von uns entfernt und hat jetzt unsere volle Aufmerksamkeit.
Kati lächelt ihn an. Sie ist jetzt total professionell. Sie fragt ihn, was er möchte.
„Ein Bier, bitte.“
„Und sonst?“
Er hebt abwehrend oder entschuldigend die Hände.
„Nichts, danke.“
Nick fängt an zu zapfen. Er hat wohl mitgehört. Anschließend tauscht er Blicke mit Kati, die auch nicht schlau aus der Nummer wird. Beide wirken ein wenig ratlos. Sie bringt ihm das Bier. Pete und ich beobachten das Geschehen. Wie Waldorf und Statler. Nur in jünger und komplett ohne Worte.
Der Typ starrt lange sein Bier an. Er ist unsicher. Dann trinkt er endlich einen Schluck.
Eine ganze Weile passiert wenig bis gar nichts. Nick und Kati machen ihren Job und werfen von Zeit zu Zeit einen Blick zu dem Typ oder auch zu uns. Der Vogel nimmt immer mal einen Schluck aus seinem Glas. Pete und ich sind immer noch im Ausguck.
Der Typ trinkt aus. Er zögert. Aber dann.
„Fräulein, noch ein Bier bitte.“
Kati schaut fassungslos zu ihm rüber. Fräulein. Das hat bestimmt noch nie jemand hier zu ihr gesagt. Pete und ich starren auf die Tischplatte. Wenn sich unsere Blicke treffen, werden wir anfangen zu brüllen. Das gilt es zu verhindern. Das darf nicht passieren. Kati öffnet den Mund, aber Nick ist schnell genug und schiebt sie ein Stück nach hinten.
Der Typ weiß gar nicht so wirklich, was er falsch gemacht. Er kommt aus einer total anderen Welt. Jetzt ist er aber hier. Bei uns. Im „Mercy Seat“. Hier werden die Kellnerinnen nicht Fräulein genannt.
Nick bringt ihm sein Bier.
„Herr Pozigalla, haben sie einen Augenblick Zeit.“
Jetzt versteinert Nick. Herr Pozigalla. So hat ihn hier so gut wie noch nie jemand angesprochen. Pete und ich sind wieder von der Tischplatte fasziniert. So viel Unterhaltung haben wir nicht erwartet. Von Kati ist außer bebenden Schultern nichts mehr zu sehen, wir hören ihr mühsam unterdrücktes Lachen sehr deutlich.
Nick ist wachsam und fordert ihn mit einer Handbewegung zum Reden auf.
„Ich bin heute nicht hier, weil ich mich beschweren will oder so. Ich bin hier, weil die beiden Männer Ihnen aufgelauert haben.“
Wir sind sofort ganz bei der Sache. Woher weiß er davon? Niemand hat groß darüber geredet. Nick bringt es hervorragend auf den Punkt.
„Woher wissen Sie davon?“
„Ich habe es gesehen.“
Er holt einen Umschlag aus seiner Jackentasche.
„Ich habe mich schon oft über die Kneipe geärgert. Und auch über Sie. Aber es geht nicht, dass jemand so hinterrücks angegriffen wird.“
Er schiebt den Umlag zu Nick.
„Ich konnte ein paar Fotos mit dem Handy machen. Das sind die Ausdrucke. Ich kenne die Männer nicht, aber man kann die ganz gut darauf erkennen. Ich mache auch eine Aussage bei der Polizei.“
„Keine Sheriffs.“
Nick hat es nicht so mit staatlichen Institutionen.
Nick nimmt den Umlag und schaut rein. Seinem Blick können wir entnehmen, dass auch wirklich das drin was, was der Typ angekündigt hat.
Der Mann bezahlt sein Bier. Er will nichts geschenkt haben. Er geht.
Wir betrachten die Bilder. Zwei Männer. Ende dreißig. Die Gesichter sind gut zu erkennen. Wir kennen sie aber nicht. Nie gesehen.
Pete zückt sein Handy und fotografiert die Bilder. Er schickt sie an alle.
Kati guckt Pete an.
„Hast du auch an die Sekretärin von dem Baumenschen gedacht?“
Pete hat die Nummer nicht. Aber Snake. Pete schreibt Snake und bekommt von ihm die Nummer. Wir nehmen noch eine Runde.
Die Gläser bimmeln.
Nick sieht nachdenklich aus. Ihm geht wohl noch was durch den Kopf. Dann kommt er damit raus.
„Vielleicht sollte ich mal mit den beiden von der Erbengemeinschaft reden. Oder eher zumindest mit einem davon, zusammen geht das bestimmt nicht.“
Die Idee ist eigentlich naheliegend. Aber so, wie die Frau vor deren Haus die beschrieben hat, könnte sich das als durchaus schwierig erweisen. Trotzdem, ein Versuch ist es wert. Nick will das dann morgen Nachmittag in Angriff nehmen und er will Luz mitnehmen. Sie kann super mit fremden Menschen. Meist lächelt sie die dabei um den Versand.
Ich rufe sie an und sie ist sofort an Bord. Sie klingt sehr aufgedreht.
Pete und ich gehen nach hinten. Wir wollen gerne noch eine Runde spielen. Zur Not auch ein Einzel, besser aber ein Doppel. Der eine Tisch ist mit vier jungen Typen besetzt, die wir noch nie hier gesehen haben. Pete kramt eine Münze aus der Hosentasche und legt diese ans Kopfende. Die Jungs gucken uns ungläubig an.
„Ihr wollt gegen uns antreten?“
„Ja, wollen wir. Der Gewinner bleibt am Tisch.“
„Nur wenn es um ein Bier geht. Zu Null sowieso.“
Wir nicken. Dann soll es so sein. Die wissen nicht, worauf sie sich einlassen. Schlimmer als Pete und mich hätte sie es eigentlich nicht treffen können. Vielleicht noch mit Snake und TomTom. Wir setzen uns in die Ecke und warten geduldig bis wir dran sind.
Dann sind wir dran und es geht ziemlich schnell. Bevor die überhaupt mitbekommen, was los ist, habe ich die ersten zwei Bälle trocken mit der Mittelreihe versenkt. Dann schiebe ich den Ball zu meinen Stürmern und lass ihn den Linksaußen mal ein Zaubertor machen. Die Jungs sehen sich an, das ist jetzt so gar nicht das, was sie erwartet haben. Die Sache ist dann schnell zu Ende. 6:0, 6:2. Die wollen dann auch schon nicht mehr. Kein Rückspiel. Keine Revanche. Sie kramen all ihr Klimpergeld zusammen.
„Jungs, lasst gut sein.“
„Nein, wir hatten große Fresse, aber es ist reichlich daneben gegangen. Da müssen wir durch.“
Sie holen uns jedem zwei Bier und hauen ab. Wir trinken in Ruhe aus. Langsam wird es Zeit zu gehen. Wir verabschieden uns und sind schon fast weg. Ein Blick in Nicks verbeuteltes Gesicht erinnert uns, dass die Zeiten vielleicht härter geworden sind.
„Rufst du uns bitte ein Taxi.“
Sicher ist sicher.

Zu Hause gibt es was auf die Ohren. The Cassandra Complex „Theomaia“. Das Album ist ein Brett. Und ein richtig hartes Brett. Das geht nur laut. Die Nachbarn dürfen mithören, auch wenn es spät ist. Luz bringt Kultur unters Volk. Mit dem Audiovorschlaghammer.
Sie ist gut drauf und strahlt.
Zum reden ist es zu laut und sie macht keine Anstalten, die Regler nach unten zu drehen. Dann lasse ich das auch. Ich setzte mich auf den Boden und lasse die verbleibenden Songs auf mich wirken.
Dann plötzliche Stille. Ende. Luz kramt im CD-Regal nach einem neuen Album. New Order „Power, Corruption & Lies“. Die geht immer. Sie dreht leiser und lächelt zufrieden. Mir geht durch den Kopf, dass sie die CD nicht nur wegen der unbestrittenen Klasse sondern auch wegen dem Titel gewählt haben könnte.
Bevor sie aber anfängt zu reden, bin erst ich dran. Sie hat bis jetzt nur die spärlichen Infos aus Petes Mail. Ich erzähle, was im „Mercy Seat“ gelaufen ist:
Sie zögert immer noch. Ich sehe sie mir genau an. Sie wirkt so, als hätte sie noch einen richtigen Knaller auf Lager. Aber da ist noch was. Sie wirkt auch so, als hätte sie vielleicht etwas angesellt. Ich denke sofort an den geklauten Ordner. Soll ich schon sicherheitshalber beginnen, mir ernsthaft Sorgen zu machen? Ich denke, ja. Zumindest ein paar.
In ihren Adern fließt revolutionäres katalanisches Blut.
Und so wie sie aussieht, brodelt dieses gerade.
„Ich habe mich bei Facebook angemeldet.“
Ich gucke sie vollkommen entsetzt an.
„Damit hast du alle unsere Ideale über Bord geworfen und alles verraten, woran wir immer geglaubt haben.“
„Waller, jetzt im Ernst. Ich denke, wir haben da bisher nicht drauf geachtet, weil wir damit meist gar nichts zu tun haben. Aber wir haben nicht bedacht, dass viele andere da eine ganze Menge machen. Die verkaufen da doch ihr Leben für ein paar virtuelle Freunde.“
Nachdenkliches Nicken, Sie hat Recht.
„Und da habe ich mir halt so ein Minimalkonto gebastelt, damit ich mal ein bisschen schnüffeln kann. Erst ist da gar nichts bei rumgekommen, aber bei diesem Carsten Schmitz, da war dann was.“
Ich hänge an ihren Lippen.
„Bei einem von seinen Freunden steht im Profil, dass er EDV-Mensch bei der Stadt ist.“
Ich hänge weiter an ihren Lippen.
„Dann habe ich von dem Typ einen Screenshot gemacht und an DreiElf geschickt. Ich dachte, das ist vielleicht sicherer und so, als das Bild direkt zu kopieren.“
Bond. Luz Bond. Die Meisterspionin. Ich küsse sie. Weil ich es darf. Weil nur ich es darf. Dann hänge ich wieder an ihren Lippen. Jetzt wieder mit dem Ohr.
„DreiElf hat dann geantwortet, dass das Tobias Klein ist. Einer von den drei Admins, die die erforderlichen Berechtigungen haben. Er will morgen im Büro mal ganz genau gucken, was so los ist und was er denn so machen kann. Er hält den Typ auch für ein absolutes Arschloch und das war auch vorher sein Kandidat Nummer 1.“
Sie strahlt mich an. Mit Recht. Ich bin wahrlich beeindruckt.
Aber da ist doch noch was. Das merke ich ganz deutlich. Also sehe ich sie fragend an. Sie blickt runter und zögert, bevor sie spricht.
„Vielleicht war das ja voreilig, aber DreiElf und ich haben seine Adresse rausgefunden. Und die habe ich an die Sprayer geschickt ...“
Voreilig oder nicht. Keine Ahnung. Reine Spekulation. Kann sein, muss aber nicht. Wenn man aus dem Kino kommt, weiß man, wie der Film war.
„Ich glaube nicht, das wir ausgerechnet dafür in die Hölle kommen werden. Aber sonst nichts?“
„Was meinst du?“
„Na ja, einen Einbrecher oder so.“
Sie lacht und schüttelt den Kopf. Ich bin erleichtert.
Ich küsse meine Gefährtin. Weil ich stolz auf sie bin. Und weil ich es darf.

Weil nur ich es darf.

***
Am Montag geht es weiter.

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Sonntag, 15. Januar 2017
15 Abwärts „Computerstaat“
Montag

Der Wecker brüllt mich an. Ich bin vollkommen desorientiert. Gestern ist es noch sehr spät geworden. Ich will nicht. Absolut nicht. Und mir bleibt noch eine Chance. Es ist Montag. Ich starte die CD und warte.
„Tainted Love“ von Soft Cell. Auch das noch. Quasi doppelt verloren. Warum ist denn das auf dieser CD überhaupt drauf? Blitzschnell bringe ich das Ding zum Schweigen und stehe sofort auf.
Ab in die Küche. Ich brauche Kaffee. Ab der zweiten Tasse hilft der auch ein bisschen. Bei der dritten setzt dann auch geringe Hirntätigkeit ein. Bei der vierten schicke ich Nick eine SMS. Er ruft mich an und wir verabreden uns für neun im Rathaus. Wir wollen zusammen zum Ordnungsamt, um seinen Biergarten zu beantragen.

Nick und ich sind beide zehn Minuten zu früh. Eigentlich nicht unser beider Stil, da sieht man, wie wichtig das alles für uns ist. Beim Blick auf die Rathausuhr müssen wir beide grinsen. Also drehe ich mir noch eine Zigarette und schmöke in aller Seelenruhe. Nick hat mit der Qualmerei schon vor Jahren aufgehört. Kein dummer Schachzug von ihm. Sollte ich vielleicht auch machen. Irgendwann demnächst.
Auf ins Ordnungsamt. Nick ist die Abneigung, das Gebäude zu betreten quasi anzusehen. Von solchen Institutionen hält er nicht viel. Aber heute muss es unbedingt sein. Nicks Sachbearbeiterin heißt Chantal Chmielewski. Eltern können wirklich grausam sein. Vor allem, weil Chantal älter ist, als es der Name vermuten lässt. Als sie den Namen verpasst bekommen hat, war der noch sehr selten.
Nick stößt mich an.
„Alter, du bist hier aber mal richtig einer, oder? Die meisten hier unterwegs trauen sich kaum dich beim Grüßen anzuschauen. Manche tuscheln auch, wenn sie dich sehen. Bist du hier so eine Art Star oder was? Darf ich da überhaupt noch Du zu dir sagen?“
Ich winke ab. Aber es ist mir auch schon aufgefallen. Scheinbar hat mein Auftritt beim OB sich rumgesprochen und mein Image ganz gehörig aufpoliert. Ich bin jetzt hier wohl wer. Wer auch immer.
Unterwegs legen wir noch einen Zwischenstop bei DreiElf ein, damit er prüfen kann, ob die Daten vom Gewerkschaftshaus immer noch nicht abrufbar sind. Erst nachdem er festgestellt hat, dass die Lage weiterhin unverändert ist, setzen wir unseren Weg fort.
Dann entern wir Chantals Büro. Sie sieht mich irritiert an.
„Hallo zusammen. Waller, was führt dich zu mir. Wollen sie dich schon hierhin abschieben?“
Chantal hat zwar einen schauerlichen Namen, gehört aber in die Kategorie angenehme Mitmenschen. Wir sind immer gut miteinander klar gekommen. Sie weiß meist gut Bescheid, was in den Hallen hier vorgeht. Ihr Flurfunkempfänger funktioniert erstklassig.
„Nein, nein. Zumindest nicht, dass ich wüsste. Aber ich würde es bestimmt auch so ziemlich als Letzter erfahren. Was spricht man denn so?“
„Ich glaube, du musst dir vorerst keine Sorgen machen. Alles was man so hört ist, dass du dem Big Boss gehörig die Hölle heiß gemacht hast und der mächtig sauer auf dich ist. Und dass er noch viel saurer ist, dass er dich nicht an den Eiern packen kann. Was immer du gemacht hast, das hast du ziemlich perfekt gemacht.“
Das sind definitiv gute Nachrichten.
„Cool, das klingt doch hervorragend. Aber ich bin nur einfach so hier. Habe vor der Tür meinen alten Kumpel hier getroffen. Der will zu dir und ich dachte, ich komme einfach mal mit und sage mal wieder hallo.“
„Hallo, ich bin Helmut Pozigalla. Also eigentlich bin ich Nick.“
„Hi Nick, was kann ich für dich tun?
Sie gehört in die Kategorie angenehme Mitmenschen.
„Ich betreibe das „Mercy Seat“ und möchte eine Lizenz für einen Biergarten beantragen.“
„Jetzt? Wo der Winter gerade anfängt?“
„Besser zu früh als zu spät. Sonst ist der nächste Sommer plötzlich auch wieder vorbei.“
„Wohl war, manchmal mahlen hier die städtischen Mühlen in Superzeitlupe.“
Sie beginnt zu tippen. Sie wartet, guckt dann verwirrt. Sie tippt erneut. Jetzt sieht sie uns an.
„Es kommt nichts. Also wenn ich den Datensatz vom „Mercy Seat“ aufrufen will, passiert rein gar nichts. Als gäbe es die Daten nicht. So was hatte ich aber noch nie. Da muss ich mal telefonieren.“
Und das macht sie dann. Und zwar ausgiebig. Mit ihrem direktem Vorgesetzten. Dann mit ihrer richtigen Chefin. Und mit der EDV. Und alles bleibt ergebnislos. Wir sind deutlich weniger überrascht von diesem Resultat als sie.
„Tut mir leid, ich kann hier heute nichts machen. Die Daten sind nicht da und keiner der angeblich Allwissenden hat eine Ahnung, was in solchen Fällen zu tun ist. Gib mir deine Telefonnummer, dann ruf ich dich an, wenn es weiter gehen kann.“
Nick schreibt Zahlen auf den ihm zugeschobenen Zettel. Plötzlich stutzt sie.
„Wisst ihr was ich nicht verstehe?“
„Russisch?“
Sie stockt kurz. Wir warten gespannt.
„Stimmt, Russisch verstehe ich nicht, aber eigentlich verstehe ich nicht, warum meine Chefin gar nicht so richtig überrascht war, als ich ihr gesagt habe, dass ich auf die Daten nicht zugreifen kann. Das war eher so gespielt.“
Wir bedauern zumindest ein wenig, dass wir Chantal nicht sagen können, dass wir unser Ziel eigentlich erreicht haben und der Antrag auf den Biergarten nur dazu da war, den Stein ins Rollen zu bringen. Jetzt haben wir ein paar Leute hier aufgeschreckt, die sich hoffentlich endlich fragen werden, was hier los ist.
Wir verabschieden uns. Sie lächelt uns an. Mehr in Richtung Nick.
„Macht’s gut. Bis bald, Nick.“
Ehe ich was sagen kann, hebt Nick abwehrend den Zeigefinger. Ich zögere noch kurz, verkneife mir aber meinen Spruch. Nick bietet mir an, mich zu meinem Büro zu fahren, aber ich will mich noch ein wenig hier umhören.

Aber zunächst muss ich mal pinkeln und steuere deshalb die nächste Toilette an.
Als ich so weit fertig bin, drehe ich mich um. Ich zucke innerlich zusammen. Nach außen bleibe ich vollkommen cool und lasse mir die Überraschung nicht anmerken. In der Tür zum Vorraum mit den Waschbecken und dem Ausgang steht Carsten Schmitzt. Zufall oder Absicht? Gute Frage. So wie er guckt, vermute ich Absicht. Hat der mich beobachtet? Und wenn ja, ab wann?
„So, Krawallek. Jetzt bist du alleine und kommst nicht so leicht davon. Weder deine hübsche Ische noch die große Vogelscheuche sind da. Ich frage noch einmal. Was soll das alles und was willst du verflucht noch mal von mir?“
Luz und der Preacherman werden nicht erfreut sein, seine Meinung über sie zu hören.
Meine Position ist eher suboptimal. Es gibt nur diese eine Tür und in der steht der Typ. Keinen Schimmer, was passiert, wenn ich versuche mich da einfach so durchzuschieben. Ich glaube nicht, dass das auch klappen wird. Ich suche nach Inspiration. Leider vergeblich.
„Krawallek. Bist du taub? Oder stumm? Sprich endlich!“
Der Typ ist eindeutig nervös und hat Angst. Das gefällt mir ganz und gar nicht. Ich will hier raus.
In diesem Moment kommt Hilfe. Wenn auch zufällige Hilfe. Durch wen auch immer. Ein neuer Besucher betritt die Toilette. Carsten zuckt zusammen. Das ist jetzt genau das, was er gar nicht brauchen kann. Ich bin mir sicher, dass ich jetzt an ihm vorbei kann, ohne das etwas passiert. Also Aufbruch. Als ich mich an ihm vorbei schiebe, kann ich nicht anders. Ich trete ihm voll auf den Fuß.
„Ach, entschuldige bitte.“
Als ich in sein Gesicht sehe, frage ich mich kurz, ob ich das besser hätte lassen sollen. Aber das musste einfach sein, er hat darum irgendwie gebettelt. Ausgiebig.
Erst jetzt kann ich den frisch eingetretenen Toilettengast sehen. Ich kann es nicht glauben, wer mich da aus der misslichen Situation befreit hat. Unser OB. Ausgerechnet. Wie das Leben so spielt. Ich grüße ihn mit einem dahingeworfenem Hallo. Das muss reichen. Ehre nur, wem Ehre gebührt. Und Ehre muss man sich verdienen. Die gibt es nicht einfach wegen der Stellung.
Jetzt aber schnell raus. Ohne Händewaschen. Wenn das mein Vater gesehen hätte.

Der nächste Weg führt mich wieder zu DreiElf. In seinem Büro und im ganzen Gang bei der EDV herrscht großer Trubel. Die suchen bestimmt nach Daten. DreiElf kann und will hier nicht reden. Er ruft Siouxsie an. Raucherecke.
Dort gehen wir in den hintersten Winkel. Beide haben nicht ausgestempelt. Mein subversives Verhallten scheint ansteckend zu wirken.
„Seitdem Nick und du bei Chantal gewesen seid, ist hier ganz schön was los. Die Chefin vom Ordnungsamt macht meinem Chef ganz schön Druck. Vor allem als dann so langsam jedem wirklich klar wurde, dass die Daten nirgendwo zu finden sind. Halt so gar nicht. Dabei war das ja vorher schon so mehr oder weniger bekannt. Auch ihr. Ist aber nicht unbedingt ernst genommen worden, aber jetzt ist es so richtig akut. Erzähl aber erst mal was ihr da so getrieben habt.“
Also berichte ich den beiden von unserem Besuch. Da es sonst nichts gibt, rauchen wir noch eine und gehen dann unserer Wege.

Kurz danach komme ich in unser Amt und gehe zu Pete ins Büro. Ein kurzes Hallo.
„Hast du schon die Zeitung gelesen?“
Ich schüttle den Kopf und er schiebt mir den Lokalteil rüber. Ein echt ausführlicher Bericht über die VOD- Schriftzüge. Insbesondere natürlich über die am Vortag dazu gekommen vielen kleinen Zeichen. Davon gibt es wohl schon reichlich. Es wird auch über das Video berichtet, ohne das aber Hintergrund und Zusammenhänge erkannt werden. Das ist aber auch was für Insider und nicht für unsere Lokalredakteure. Der Tenor des Berichts war, dass es sich um übelsten Vandalismus handelt. Und sonst nichts.
„Die haben ja mal gar keine Ahnung, was da läuft.“
„Na, woher denn auch?“
Ich zucke mit den Achseln.
Pete ist schon immer mein Freund. Solange ich mich erinnern kann. Ich vertraue ihm total. Und oft denken wir auch gleich. Meist brauchen wir auch nicht viele Worte.
„Pete?“
Er guckt rüber. An meiner Art zu fragen, hat er sofort geschnallt, dass irgendwas ist. Er sagt nichts, aber ich habe seine volle Aufmerksamkeit. Er fängt quasi schon an zu hören, bevor ich zu sprechen beginne.
„Meinst du, das was wir machen, ist richtig? Eigentlich ist die Frage ja eher, was machen wir überhaupt? Was glauben wir denn, wer wir sind? Ich meine ...“
Er unterbricht mich mit einer Handbewegung.
„Reicht schon. Ich weiß, was du meinst. Ich habe mir diese Fragen alle auch gestellt.“
Er nimmt einen Schluck Kaffee.
„Letztlich ist es ja im Moment so, dass es wohl passieren könnte, dass das „Mercy Seat“ und damit auch Nick und Kati den Bach heruntergehen. Mag sein, dass da im Hintergrund irgendwas läuft, was nicht koscher ist. Eigentlich bin ich mir sicher, dass da was läuft. Aber wir wissen ja nichts, womit wir offiziell bei der Stadt oder Polizei vorstellig werden können.“
Er nimmt noch einen Schluck Kaffee.
„Also können wir entweder nichts tun und einfach zugucken, was passiert. Oder wir können versuchen, irgendwas in Erfahrung zu bringen, womit wir dann irgendwas in Gang bringen könnten. Vielleicht können wir auch über die Zeitung gehen, wenn es für sonst nichts reicht. Dann würde vielleicht von irgendwo Unterstürzung kommen.“
Er nimmt noch einen Schluck Kaffee.
„Nichts zu tun ist für mich keine Option.“
Er trinkt seinen Kaffee aus und stellt die Tasse ab. Er hat alles dazu gesagt.
„Für mich auch nicht.“

Ich sitze an meinem Schreibtisch. Das Handy brummt. Eine SMS. Von Nick. An alle.
Bitte seid heute Abend um halb acht am Hintereingang vom „Mercy Seat“.
Sonst nichts. Was ist da los? Ich antworte. Warten.
Pete kommt in mein Büro und schaut mich fragend an.
Keine Antwort von Nick. Also anrufen. Der Teilnehmer ist momentan nicht erreichbar. Typisch Nick, rennt mit einem leeren Akku durchs Gelände.
Wir rufen die Homepage vom „Mercy Seat“ auf. Wir sind irritiert.
HEUTE GESCHLOSSEN
Ich logge mich bei Hotmail ein. Im Posteingang ist einiges. TomTom, Siouxsie, her Captain. Niemand kann Nick oder Kati erreichen, keiner hat eine Ahnung. Virtuelles Schulterzucken überall.
TomTom ist clever. Der Hintereingang vom “Mercy Seat” ist nicht leicht zu finden. Nicht jeder weiß, wo der ist. Deshalb hat er den Weg beschrieben. Er ist oft schon einen Schritt weiter, er kann schnell denken.

Luz ist unruhig. Ich auch. Wir gehen viel zu früh los. Vorne hängt ein HEUTE GESCHLOSSEN Schild. Am Durchgang zum Hinterhof treffen wir auf Siouxsie, Zeus und den Captain. An der Tür warten schon Betty, Snake und der Preacherman. TomTom und Pete sind nur kurz danach auch da. Der ganze Haufen, alle zu früh. Ungewöhnlich.
Sorgenvolle Blicke werden getauscht. Keiner spricht.
Die Tür wird geöffnet. Kati. Sie guckt ernst. Wir gehen rein, sammeln uns um die beiden Stehtische. Nick ist nicht da. Kati bring uns Getränke.
Die Gläser bimmeln nur halbherzig.
Kati sucht nach Worten. Wir sind ungeduldig, wollen wissen, was los ist, aber wir lassen ihr die Zeit, die sie braucht.
„Nick ist hier heute Mittag vor der Tür verkloppt worden. Er hat ganz schon was abgekriegt, aber nichts, was nicht wieder weg geht. Zum Doc will er nicht, ihr kennt ihn ja. Keine Ahnung wer das war. Auf die Sheriffs hat er auch keinen Bock.“
Typisch Nick. Von staatlichen Institutionen hält er nicht viel.
Großes Palaver, wilde Spekulationen.
Schnell sind wir uns einig, dass das nur mit diesem verfluchten Deal zu tun haben kann. Hat Seelmann Schläger angeheuert? Oder sonst wer, der da mit drin hängt? Was machen wir jetzt? Sollen wir aufhören und hoffen, dass alles von alleine gut wird?
Kati hört die ganze Zeit schweigend zu.
„Leute, jetzt mal ganz in Ruhe.“
Ruhe kehrt ein, wir sehen sie an.
„Also, das sind ja alles nur Vermutungen. Nick weiß nicht, wer ihn da aufgemischt hat. Er hat den Laden seit über zwanzig Jahren, da kann irgendwer mal sauer geworden sein. Oder was auch immer. Jedenfalls will der nicht, dass wir jetzt einfach aufhören und abwarten, was denn so passiert. Das „Mercy Seat“ ist Nicks Leben.“
Sie macht eine kurze Pause.
„Und meins auch, wir können das nicht aufgeben. Wir dürfen das nicht verlieren.“
Sie dreht sich um und geht Richtung Theke.
„Ich mach uns noch eine Fuhre.“
Mein Blick macht die Runde. Niemand außer mir scheint die Tränen in Katis Augen wahrgenommen zu haben. Sie war aber auch blitzschnell weg. Wenn Kati getauft worden wäre und ich in der Kirche gewesen wäre, wäre ich damals ihr Patenonkel geworden. Viel wäre und wenn, aber auch wenn Frauen mit Tränen in den Augen gar nicht mein Ding sind, drücke ich mich nicht.
Also auch zur Theke.
„Geben wir auf?“
Ich schüttle den Kopf.
„Never.“
Erleichterung. Sie lächelt. In meinem Kopf macht sich ein Gedanke breit.
„Gehörst du zu den Sprayern?“
Jetzt schüttelt sie den Kopf.
„Aber du kennst die, du weißt, wer die sind?“
„Ich weiß nicht. Wirklich nicht. Wahrscheinlich kenne ich die, habe aber keine Ahnung, wer dahinter steckt. Das könnten gut welche von meinen Gästen hier sein. Irgendwer hat mir den Link zum Blog per WhatsApp und Facebook geschickt. Das war genau, als der online ging, muss deshalb eigentlich von denen gekommen sein.“
Kati unterscheidet ein wenig zwischen ihren und Nicks Gästen. Und sie hat Recht. Viele von den Jüngeren kommen auch wegen ihr. Besonders die Jungs. Kati ist ein echter Hingucker. Sie hat das Aussehen ihrer Mutter, aber das Wesen ihres Vaters geerbt. The Best Of Both Worlds.
„Können wir da nicht Kontakt herstellen?”
„Habe ich versucht. Aber bei WhatsApp ist der Absender nie wieder eingeloggt gewesen. Das Profil bei Facebook war auch sofort gelöscht. Der Name war BD-RIP-1936.“
Buenaventura Durruti. Gestorben 1936. Da gibt sich aber jemand wirklich Mühe und recherchiert genau.
Wer sind diese Sprayer, die sich irgendwie mit uns verbündet zu haben scheinen. Die gehen sehr geschickt und vorsichtig vor. Sowohl beim Sprayen also auch in anderen Dingen. Wir können nur vermuten, dass sie Kati kennen und vielleicht im „Mercy Seat“ Gäste sind. Mehr nicht, das ist wenig. Vielleicht kann DreiElf was über ihre Aktivitäten im Netzt herausfinden.
Kati weckt mich aus meinen Gedanken.
„Waller, ich mach mir schon Sorgen. Kannst du mich mal drücken?“
Kann ich , mach ich.
Kati hat die Getränke fertig und wir kehren zu den anderen zurück.
Die Gläser bimmeln schon zuversichtlicher.
Pete wiederholt seine Aussage von heute Morgen.

„Nichts zu tun ist für mich keine Option.“
Und alle stimmen ihm zu. Wir werden was tun. Was auch immer. Zumindest werden wir das versuchen. Und wir werden vorsichtig sein.
Nick und Kati müssen besonders aufpassen, bis klar ist, wer Nick verprügelt hat. Keiner von beiden soll alleine ins „Mercy Seat“ gehen, besser noch mit zusätzlicher Begleitung. Der Preacherman und der Captain bieten sich an. Sie haben beide auch tagsüber Zeit. Kati hat auch noch Freunde, die da einspringen können.
Snake hat eine Idee.
„Wir haben uns noch nicht bei Stefanie für ihre Hilfe bedankt. Das sollten wir machen, vielleicht erfahren wir dabei noch das eine oder andere.“
Er kramt sein Handy heraus.
„Ich habe die Nummer, ich war dabei als sie hier mit Nick gesprochen hat.“
Er wählt, es klingelt, Stefanie geht dran.
„Hallo, hier ist Snake. Ich möchte mich bedanken, dass du uns geholfen hast.“
Snake nickt zufrieden, sie scheint von dem Anruf nicht entsetzt zu sein.
Er erzählt ihr, was mit Nick passiert ist und fragt, ob er den Lautsprecher einschalten darf, damit wir mithören können. Sie scheint nichts dagegen zu haben, denn Snake drückt ein paar Tasten und legt das Telefon mitten auf den Tisch. Alle begrüßen sie, auch die, die sie gar nicht kennen.
Sie erzählt uns, dass Seelmann sie nicht in Verdacht hat und ihr glaubt. Allerdings ist Seelmann von dieser Theorie mit dem Konkurrenten nicht so wirklich überzeugt. Er denkt eher, dass da was anderes hinter steckt. Eine richtige Ahnung hat er aber auch nicht.
„Meinst du Seelmann hat Nick die Schläger auf den Hals gehetzt?“
„Zutrauen würde ich ihm so etwas. Der ist schon so lange in einer harten Branche erfolgreich, dass er wenig Skrupel haben sollte. Und der kennt sicher ein paar Jungs vom Bau, die für ein paar Euro so ein Ding durchziehen. Ich weiß aber nicht, ob er hier was angeleiert hat.“
Interessant. Das sollten wir im Auge behalten.
„Noch was. Hier sind in letzter Zeit ein paar Zahlungsaufforderungen vom „Salome“ eingegangen. Ich glaube nicht, dass der Seelmann da selbst hingeht. Da war jemand anderes, aber der Seelmann hat bezahlt. In bar. Schwarz. Keine richtigen Belege.“
Als wir gerade das Gespräch beenden wollen, macht der Preacherman noch eine Geste. Er scheint noch was sagen zu wollen.
„Als Waller und ich euer Büro besucht haben, ist mir noch was aufgefallen. In den Fächer für die neuen Projekte im Regal war nicht viel drin.“
„Ja, ja. Es läuft seit einiger Zeit nicht gut. Neue Projekte gibt es im Moment kaum und die letzten sind auch noch in die Hose gegangen. So windige Sachen wie jetzt hier hat der Seelmann vorher nicht gemacht. Windig ja, aber nicht so windig. Der hat echte finanzielle Probleme. Der steht unter Druck.“
Wir sehen uns an und verabschieden uns dann von ihr.
Sie ist eine Frau von Ehre.
TomTom runzelt die Stirn.
„Wissen wir eigentlich, warum sie das macht? Warum gibt sie uns die Infos über Seelmann?“
Gute Frage. Kopfschütteln. Schulterzucken.
„Salome?“
Das kommt von Betty. Der Captain kann helfen.
„Das ist unten an der Stadtgrenze in der Nähe von dem großen Baumarkt. Soll einer der besten Puffs in der Gegend sein. Und einer der teuersten.“
Wir gucken uns an. Für wen tut Seelmann das?
Kati bringt neue Getränke. Die Gläser bimmeln.
Alles wird noch mal in epischer Breite diskutiert. Hilft nicht, tut aber gut und bringt Spaß.
Wir verlassen alle zusammen das „Mercy Seat“. Der Preacherman bringt Kati nach Hause. Beim Verabschieden frage ich TomTom, wo der den Preacherman gestern abgesetzt hat.
„Quasi irgendwo im Nirgendwo in der Nähe der Stadtgrenze. Dann ist er zu Fuß durch die Felder weiter. Wohin auch immer.“
Wir wissen nicht viel über den Preacherman.
Luz nimmt meine Hand. Wir gehen heim.

Möge die Macht mit uns sein.

***
Am Freitag geht es weiter.

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Donnerstag, 12. Januar 2017
14 Crass “Do They Owe Us A Living?”
Sonntag

Wir sind mit meinen Eltern verabredet. Genau mein Ding, vor allem an einem Sonntag zum Kaffee. Es ist kalt, aber regnet nicht. Luz wollte fahren, ich laufen. Frische Luft, den Kopf frei bekommen. Von dem was war, von dem was kommen wird. Wir stapfen die Fußgängerzone entlang. Luz hat ihre Hand in meine Manteltasche geschoben. Friedliches Schweigen.
Meine Eltern und ich. Zwei Welten treffen aufeinander. Schon viele Male und immer wieder. Meist mit ganz viel Schwung. Was auch immer meine Eltern wollten, das aus mir werden hätte sollen, es hat nicht funktioniert. Noch nicht einmal im Ansatz. Ich bin das genaue Gegenteil ihrer Blaupause geworden. Ich gehöre schon sehr lange zu den Leuten, vor denen sie mich immer gewarnt haben. Und alle meine Freunde auch.
Deshalb habe ich mit zwanzig meine Sachen gepackt und bin weg. Die Kohle war dafür nicht da, aber es ging irgendwie. Es geht immer, wenn man denn will. Wenn wir aufeinander treffen, liegt immer was in der Luft. Jeder Funken kann sehr schnell zum großen Knall führen. Niemand kann mich so schnell provozieren wie mein Vater. Auch wenn ich versuche, das nicht zuzulassen.
Luz funktioniert da wie ein Katalysator. Für sie hat Familie mehr Bedeutung als für mich. Da ist sie Katalanin. Meine Eltern können ihrem Lächeln nicht widerstehen. Die fahren voll auf sie ab. Sie fragen sich heimlich mit Sicherheit, warum diese tolle Frau ihr Leben ausgerechnet an so einen Rüpel wie mich verschwendet.
Mein Handy klingelt und holt mich zurück in die Wirklichkeit. Luz drückt meine Hand. Snake ruft an und ich gehe dran. Er will wissen, wo wir sind. Ich sage es ihm. Ist nun wirklich kein Geheimnis.
„Waller, haltet die Augen offen und schaut euch um. Achtet auf Kleinigkeiten. Ihr müsst gleich unbedingt in den Blog gucken, aber seht euch auch ein weinig um.“
Klingt etwas rätselhaft, aber mehr will er dazu nicht sagen. Er meint, wir müssten selber gucken, er würde das nicht gut genug beschreiben können. Wir legen auf. Luz und ich sehen uns erst an und uns dann um. Versuchen auf Details zu achten, ohne zu wissen, was die Details sind. Ich habe das Gefühl, dass ich trotzdem sofort Bescheid wissen würde, sobald ich sehen werde, was ich sehen soll.
Luz holt ihr Handy raus. Ihres kann Internet. Meins nicht. Ich lege meine Hand auf ihren Arm und schüttele den Kopf.
„Gleich.“
Sie zögert, nickt dann aber. Wir gehen weiter und schauen uns aufmerksam um. Plötzlich hat sie was gesehen und zeigt in die Richtung.
„Da! Auf dem Papierkorb.“
Jetzt sehe ich es auch. VOD. In Schablonenschrift. In Rot. Etwa so groß wie eine Postkarte. Ein paar Meter weiter links. Ein Stromkasten. VOD. In Schablonenschrift. In Rot. Etwa so groß wie eine Postkarte. Wir gehen noch ein paar Meter. Auf der Lehne einer Bank. VOD. In Schablonenschrift. In Rot. Etwa so groß wie eine Postkarte.
Wir ziehen uns in den windgeschützten Eingangsbereich von H & M zurück. Luz holt ihr Handy raus und ruft den Blog auf. Ein neuer Eintrag von heute. Klick. Die Seite baut sich in aller Ruhe ganz ohne Rücksicht auf unsere Neugierde auf. Wir schauen uns die Fotos an. Wir sehen darauf, wie an diversen Stellen der neue, kleine VOD-Schriftzug gesprayt wird. Der Eintrag hat die Überschrift „Das ist KRASS.“
Aber eigentlich ist das nicht KRASS sondern CRASS.
Crass waren Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger eine Anarchopunkband aus England. Musikalisch eher anstrengend, aber mit unglaublicher Attitüde. Mit so viel Attitüde, als wäre dieses Wort extra für sie erfunden worden. Das war mehr eine politische Gruppe als eine Band. Die haben alle zusammen in einer Kommune gelebt, trugen nur schwarze Kleidung und alle Kohle ging in ihre Projekte. Der Hammer war, dass sie aus Aufnahmen von Thatcher und Reagan ein Gespräch der beiden konstruierten, in dem Mitteleuropa als Schlachtfeld für eine nukleare Auseinadersetzung von NATO und Warschauer Pakt auserkoren wurde. Das Tape spielten sie den Medien zu. Und sie sprayten ihre Botschaften in der U-Bahn und sonstwo auf. Und sie benutzten Schablonenschrift.
Luz geht das gleiche durch den Kopf wie mir. Das kann ich ihr ansehen. Da mir die passenden Worte fehlen, sage ich nichts. Auch Luz schweigt. Erst jetzt fällt uns auf, dass unter den Bildern noch ein Link zu Youtube ist.
Unsere Augen treffen sich. Luz bewegt ihren Zeigefinger zum Link. Sieht mich an, ich zucke die Achseln. Sie toucht den Screen und Youtube wird geöffnet. Ein Video wird gebuffert. Wir warten gespannt. Wie immer ist das schnelle Internet nicht da, wenn man es mal braucht.
Endlich startet das Video. In roter Schrift auf schwarzem Hintergrund steht dort „Das ist KRASS.“. Natürlich in Schablonenschrift. Dann ist da nur noch das K zu sehen, ehe auch das verschwindet und dafür ein C erscheint.
Das ist wohl so eine Art Vorspann. Jetzt sind zunächst nur schemenhafte Gestalten zu sehen, aber das Bild nimmt langsam an Schärfe zu. Wir sehen eine Band, die ganz in schwarz gekleidet ist. ‚Könnten drei Jungs und zwei Mädels sein. Ein vollkommen kahler Raum. Das kann überall und nirgends sein. Keine Anhaltspunkte. Links und rechts ein Fahnenbanner. VOD. In Schablonenschrift. Die achten penibel auf die Details.
Wir ahnen, was kommt. Und wir ahnen richtig. One. Two. Three. Four. Und los. „Do The Owe Us A Living?“. So was, wie die Crass Hymne. Aggressiv. Schnell. Kurz.
Ende. Schwarzer Bildschirm. Luz schließt den Browser. Da kommt nicht mehr. Das war aber auch reichlich.
Rauchen. Ich drehe mir eine Zigarette. Luz will auch eine. Das ist selten. Wir schweigen rauchend und danach rauchen wir schweigend. Immer abwechselnd. Es ist dann Luz, die das Schweigen bricht.
„Alter Falter, die sind aber gut. Das ist vollkommen professionell. Die wissen aber wirklich, was die tun. Meinst du, die Band ist engagiert oder sind die Teil dieser Gruppe – oder wie auch immer man das nennen soll?“
Wirklich gute Fragen. Schulterzucken. Ich habe mal wieder jede Menge keine Ahnung.
Wir setzen unseren Weg fort. Wir achten auf die Details und finden noch zwei Schriftzüge, bis wir bei meinen Eltern eintrudeln. Halb vier, vier Uhr war angesagt. Es ist zwei vor vier. Gerade noch pünktlich. Gibt es zumindest nicht direkt Stress.

Ich schelle. Wir warten. Mein Vater öffnet und sieht mich an.
„Du bist zu spät!“
Interessant. Scheinbar bin nur ich zu spät. Luz aber nicht, obwohl wir gleichzeitig zur gleichen Einladung erscheinen. Er scheint auf Krawall gebürstet. Eigentlich will ich es nicht, aber ich bin trotzdem sofort auf seinem Level. Er mag es nicht, wenn ich ihn beim Vornamen nenne. Hat bei ihm was mit Respekt zu tun. Ein Kind hat seinen Vater auch ebenso zu nennen.
„Hallo Werner. Dir auch einen schönen guten Tag.“
Ich sehe ihm an, dass auch er sofort merkt, dass der erste Punkt im Vater-Sohn-Krawallek-Krawall nicht an ihn gegangen ist. Eins Null für den Sohn. Meine Mutter geht dazwischen und begrüßt uns. Wie immer die gute Seele der Familie. Zusammen mit Luz gelingt es ihr meistens, das Schlimmste zu verhindern. Sie passt auf ihren Mann auf, Luz auf mich. Zumindest so weit es irgendwie geht. Es geht aber nicht immer.
Kaffee und Kuchen. Natürlich selbstgebacken. Natürlich lecker. Meine Mutter hat das drauf. Mein Vater will den Punkt, den er hinten liegt, gut machen, hat es aber schwer. Meine Mutter und Luz halten die Unterhaltung immer schön seicht. Kein Tiefgang, kein Konfliktpotential. Die beiden mögen und verstehen sich. Sie machen das gut, noch herrscht Ruhe.
Dann sind beide gleichzeitig unaufmerksam und mein Vater greift sofort an.
„Hab gehört, du hast dich mit dem Oberbürgermeister angelegt.“
Meine Mutter will schnell noch eingreifen, aber er lässt sie gar nicht zu Wort kommen. Jetzt ist er in Schwung und die Butter soll mal schön auf seinem Brot bleiben. Da darf jetzt gar niemand dran.
„Da droht dir doch bestimmt jetzt richtig Ärger. Der OB hat doch bestimmt auch genug von deiner Respektlosigkeit. Da musst du dich jetzt aber warm anziehen. So kannst du nicht mit solchen Menschen reden.“
Erstaunlich. Wir sind doch noch mehr ein Dorf als eine Großstadt, als ich dachte. Keine Ahnung, woher er seine Infos hat. Aber offenkundig ist er nur halb so gut im Bilde wie er gerade glaubt. Den richtig guten Teil kennt er gar nicht.
„Ich wundere mich, dass dir der Typ so am Herzen liegt, wo der doch mal so gar nicht zu deiner Partei gehört. Die Sozis gehören doch gar nicht in deine Nahrungskette.“
Luz ist schnell. Wirklich schnell. Schneller als ich vermutet habe. Sie erwischt meinen rechten Arm auf halben Wege, ehe ich mit Mittel und Zeigefinger einen kleinen Schnäutzer unter meiner Nase andeuten kann.
„Komm Waller. Wir gehen eine rauchen.“
Nach kurzem Zögern erhebe ich mich, werfe meinem Vater einen drohenden Blick zu und gehe mit ihr auf den Balkon. Ich drehe uns zwei Zigaretten und wir rauchen sie in aller Ruhe. Er starrt die ganze Zeit nach draußen. Ich spüre seinen Blick in meinem Rücken. Da ich weiß, dass ihn das ärgert, werfe ich die Kippe einfach über die Brüstung in den Vorgarten. Das wird sein Blut noch mehr in Wallung bringen. Luz guckt zu mir rüber und verdreht die Augen. Dann grinst sie ganz breit, ehe sie ihre Kippe in den Aschenbecher fallen lässt.
Zurück auf das Schlachtfeld. Ab jetzt kann jedes Wort eine Bombe sein und jede Bombe kann explodieren. Die meisten tun das dann auch.
Meine Mutter und Luz sind jetzt so was wie die UN-Friedenstruppe. Und die beiden Blauhelme machen einen großartigen Job, so dass es zu keinen weiteren Auseinandersetzungen kommt. Unter einem Vorwand verdrücken wir uns eine halbe Stunde später.

Endlich raus. Frische Luft. Tief durchatmen. Geschafft. Die Haustür fällt hinter uns ins Schloss. Luz will sofort los, aber ich halte sie zurück und hole mein Handy aus der Jackentasche.
„Mir ist was eingefallen. Ich muss Nick anrufen. Ich glaube, wir müssen noch ins „Zombie“ gehen.“
Das „Zombie“ ist die zweitbeste Kneipe der Stadt. Allerdings mit ganz weitem Abstand zur Nummer Eins. Mit uneinholbarem Abstand zur Nummer Eins.
„Hi Nick, ich bin’s. Waller. Guck mal auf das Plakat von den „Dead Drivers“. Spielen die heute?“
„Ja, heute um acht. Willst du dahin?“
„Ja. Hast du dir das Video auf Youtube angeguckt? Vergleich mal. Sah aus wie drei Jungs, zwei Mädels. Wie bei den „Dead Drivers“. Und das mit den Instrumenten würde auch passen. Und der Bassist ist doch Informatiker, oder?,“
Luz schaut mich von der Seite an. Ihre Neugier ist geweckt. Nicks aber auch.
„Wenn ich hier weg kann, schaue ich auch vorbei. Ich sage den anderen, wo ihr seid. Aber jetzt mal was anderes. Ich habe mir überlegt, morgen mal wieder eine Lizenz für einen Biergarten zu beantragen.“
Ich verdrehe die Augen. Der hat Sorgen. Da droht ihm gerade das Ende seiner Kneipe und er will eine Lizenz für einen Biergarten. Und das am Anfang vom Winter. Und die wollen sie ihm auch schon seit unendlichen Zeiten nicht geben. Und genau das sage ich ihm dann auch so.
„Waller, das ist mir auch alles klar, aber wenn ich aus irgendeinem Grund zur Stadt gehe, werden die meine Daten einsehen wollen. Und sie werden feststellen, dass die Daten ja wohl nicht da sind. Das haben ja Siouxsie und DreiElf gesagt. Und was dann so passiert, würde mich schon interessieren. Bis jetzt wollen die da ja nicht dran und tun ja so, als sei alles in bester Ordnung.“
Das ist ein wirklich guter Plan und das sage ich ihm auch.
Luz und ich machen uns auf den Weg ins „Zombie“. Es ist inzwischen dunkel und noch ein wenig kälter. Aber immer noch kein Regen. Immerhin.

Wir sind sehr zeitig im „Zombie“. Quasi direkt, als geöffnet wird. Freie Platzwahl. Wir suchen uns einen Tisch, von dem aus wir gut sehen und gesehen werden können. Der Chef kennt uns und freut sich, dass wir mal wieder bei ihm reinschauen. Er weiß, dass unser Laden das „Mercy Seat“ ist.
Live Musik zieht. Es sind einige bekannte Gesichter da. Hallo hier. Hallo da. TomTom und der Preacherman kommen rein und gesellen sich zu uns. TomTom bestellt Cola. Dann ist er mit dem Auto da. Das ist gut. Müssen wir hinterher nicht durch die Kälte laufen.
Die Getränke kommen. Die Gläser bimmeln.
Die „Dead Drivers“ kommen auf die Bühne und machen die letzten Vorbereitungen. Da sie oft im „Mercy Seat“ rumhängen, kennen wir uns. Deshalb grüßen wir sie und sie grüßen uns. Ganz zwanglos und beiläufig. So als wenn nichts wäre. Weil vielleicht ja auch nichts ist.
Um halb neune beginnt das Konzert. Ich bin positiv überrascht. Die Band ist besser, als ich sie in Erinnerung habe. Sie haben andere Elemente in die neuen Songs eingebaut und die sind somit mehr als nur Punk. Die älteren Sachen sind aber immer noch teilweise recht heftig. Aber die Mischung stimmt und die Stimmung ist gut.
Als die Band nach dem Konzert ihr Bier trinkt, winke ich Eumel, dem Sänger, auf eine Art zu, die ihm quasi keine Wahl lässt, als an unseren Tisch zu kommen. Also latscht er zu uns rüber. Falls wer was zu verbergen hat, verbirgt er es auch. Nicht nur ein weinig, sondern gleich total. Wir quatschen ein bisschen. Er freut sich, dass es uns gefallen hat. Wir laden ihn auf ein Bier ein.
Die Getränke kommen. Die Gläser bimmeln. Eumel bimmelt mit.
„Ihr habt keine Cover gespielt, nur eigenen Kram.“
Eumel schaut mir in die Augen. Wenn er weiß, worauf ich hinaus will, lässt er sich das nicht anmerken. Gar nicht. Nicht im geringsten.
„Wir covern selten . Eigentlich nie.“
„Ich meine, ich hätte euch neulich gehört, wie ihr „Do They Owe Us A Living?“ gespielt habt.“
So, jetzt ist es raus und steht so in der Gegend rum. Er bleibt vollkommen unbeeindruckt. Ich kann in seinem Gesicht nichts, absolut nichts lesen. Es sieht mich an.
„Das kann sein, das haben wir mal gespielt.“
Er sieht mich an. Ich sehe ihn an. Jetzt ist alles dazu gesagt, aber wir sind nicht einen Schritt weiter gekommen. Es kann sein, dass „Dead Drivers“ die Band aus dem Video sind. Es kann aber auch sein, dass sie es nicht sind.
Ein letzter Versuch noch.
„Die beiden Banner sahen wirklich super aus.“
Er schaut mich an. Und dann Richtung Bühne.
„Welche Banner?“
Kapitulation. Entweder hat der nichts damit zu tun oder hat sich total im Griff. Wir schwatzen noch ein weinig, dann geht er zurück zu seiner Band.
Zeit zu gehen, wir waren hier jetzt auch durch. Wir zahlen an der Theke und dann raus. Inzwischen ist es nicht nur noch kälter geworden. Es regnet auch. Wir steigen in TomToms Wagen. Er startet den Motor noch nicht.
Dann beantwortet er die nicht gesellte Frage.
„Entweder sie sind es. Oder sie sind es nicht. Oder sie sind für das Video engagiert worden. Und dann wussten sie wofür oder sie wussten das nicht. Fragen über Fragen. Ich weiß es nicht, ich habe noch nicht mal eine Ahnung. Verfluchte Scheiße.“
Perfekte Antwort. Abfahrt. Er setzt Luz und mich zuhause ab und fährt mit dem Preacherman weiter. .Wohin? Ich muss TomTom fragen. Wir wissen fast nichts über den Preacherman.
Luz stößt mich an. Sie lächelt und will wissen, woran ich gerade gedacht habe. Ich sage es ihr. Sie nickt. Wir wissen fast nichts über den Preacherman.
Wir gehen rein und lassen uns alles noch mal durch den Kopf gehen. Die Zeichen an verschiedensten Stellen in der Stadt. Das Video. Den Auftritt der „Dead Drivers”. Einfach alles.
Wir wollen es jetzt noch im Original von Crass hören. Ich suche das Album heraus. „The Feeding Of The 5000“. Alles schön in Schablonenschrift.
‚Do the owe us a living?”
Eine sehr gute Frage.
“Of course they do! Of course they do!”

Die perfekte Antwort.

***
Am Montag geht es weiter.

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Montag, 9. Januar 2017
13 The Cure “The Walk”
Samstag

Ich werde langsam wach. Luz kommt rein und bringt Kaffee mit. Sie hat auch Musik angemacht. New Model Army „Thunder And Consolation”. Ein Wahnsinnsalbum mit vielen großartigen Stücken. Auf der Tour dazu habe ich die zum ersten Mal live gesehen. Es war brechend voll und die Post ging aber richtig ab. Damals hatte Justin Sullivan sogar noch einen beinahe vollständigen Satz Zähne im Mund. Ich weiß, dass sie die Scheibe nur für mich eingelegt hat.
Sie setzt sich zu mir und reicht mir den Kaffe. Schwarz. Stark. Lecker. So wie ein Kaffee für mich sein muss. Wir trinken in Ruhe.
„Waller?“
Wenn sie so mit diesem gewissen Unterton anfängt, will sie meistens etwas, auf das ich wenig Bock habe. Und dazu dann dieses Lächeln, das Granit schmelzen kann. Ich bin nicht aus Granit und könnte auch sofort aufgeben. Mach ich aber nicht.
„Sollen wir nicht gleich ein Runde spazieren gehen?“
Erst Nick, dann Zeus und Siouxsie. Jetzt sie. Ein Virus? Der Wandervirus?
„Das, was Siouxsie erzählt hat, lässt mir keine Ruhe. Also, ich meine jetzt das mit dem Doppelhaus. Den Farben. Dem Zaun. Ich würde da gerne gucken gehen.“
„Und was soll das bringen?“
„Keine Ahnung.“
Das klingt für mich überzeugend. Dann soll es so sein. Docs sind bequeme Schuhe. Damit kann man weit laufen. Wenn man denn den Linken zuerst anzieht. Wer weiß, was sonst passiert.

Am frühen Nachmittag machen wir uns auf den Weg. So weit ist es nicht. Knapp zwanzig Minuten. Als die Hütte in Sichtweite kommt, bleiben wir stehen. Schon oft gesehen, aber noch nie wirklich angeguckt. Tut auch ein wenig in den Augen weh. Jeder der beiden Farben für sich ist schon schräg, aber die Kombination ist absolut unsäglich.
„Das sieht aber grausig aus. Die Farben beißen sich aber voll.“
Wir gehen langsam an dem Haus vorbei. Nach ungefähr hundert Metern drehen wir um. Wir gehen wieder langsam an dem Haus vorbei.
„Luz, das können wir aber auch nicht mehr oft machen. Wir sind die einzigen Menschen, die hier rumgeistern. Und wir haben einen gewissen Wiedererkennungswert.“
Sie nickt. Wir gehen noch ein Stück und setzten uns auf eine kleine Mauer. Es ist zu kalt für so was. Luz holt zwei Dosen Bier aus der Tasche. So kalt kommt es mir gleich gar nicht mehr vor. Und das Bier wird auch nicht zu schnell warm sondern behält eine angenehme Trinktemperatur.
Die Dosen scheppern.
Eine ältere Frau mit Mantel verlässt das Nachbarhaus. Luz guckt ihr hinterher.
„Die könnte gehen. Die kommt gleich wieder. Die holt nur eine Zeitung oder so.“
„Wieso bist du dir da sicher? Die könnte doch auch in die City gehen.“
„Weil die nur Schlappen anhat.“
Das Argument sitzt. Das ist mir nicht aufgefallen. Und kurz darauf taucht sie auch wieder auf. Wir trinken die Dosen leer und Luz steckt sie wieder ein. Wir steuern auf die Frau zu.
„Waller, lass mich reden.“
Nicken. Als wenn ich anderes vorgehabt hätte. Das kann sie ohne Zweifel viel besser als ich. Auch das mit dem netten Lächeln. Ich bin eher Fachkraft fürs böse Gucken. Deshalb bleibe ich im Hintergrund.
„Guten Tag, entschuldigen Sie bitte, dass ich sie so einfach anspreche.“
Luz lächelt unglaublich charmant. Das kann sie spektakulär gut. Damit kann sie Beton wieder weich machen. Das wirkt auch bei der Frau.
„Guten Tag, kein Problem. Kann ich Ihnen helfen?“
„Wir sind hier zufällig vorbei gekommen und wundern uns über das so seltsam gestrichene Haus. Da sieht ja nun wirklich sehr merkwürdig aus.“
Sie zeigt in die entsprechende Richtung. Die Frau zögert. Eigentlich möchte sie gerne schlecht über die Leute dort reden, braucht aber noch Ermunterung. Luz dreht ihr Lächeln noch eine Stufe höher.
Ein letztes Zaudern, dann legt sie los.
„Ja, die beiden. Die sind sich ja spinnefeind. Deshalb versuchen sie sich auch immer zu ärgern. So sind diese ganzen Sachen nach und nach entstanden. Die Farben, der Zaun. Sie müssten das auch von hinten sehen, wie die versuchen sich gegenseitig den Garten zu versauen. Die schrecken da fast vor nichts zurück.“
Da wird noch mehr kommen. Wir müssen nichts dazu tun. Es wird von allein passieren. Wir warten. Und es dauert nicht lange.
„Die haben ja jeder eine Hälfte davon von ihrem Vater geerbt.“
Wir zählten eins und eins zusammen und bekamen Holger Schäfer raus.
„Die beiden konnten sich ja schon als Kinder nicht leiden. Die waren ja beide unehelich und hatten unterschiedliche Mütter. Und am Wochenende waren sie dann hier bei ihrem Vater zu Besuch. Und die haben sich schon damals gehasst. Und das tun sie heute noch. Die sind aber auch jeder für sich alleine schon komisch. Und die dürfen das Haus wohl auch nicht verkaufen oder vermieten. Wieso weiß ich nicht, man sagt das hier so in der Nachbarschaft.“
Mehr ist hier nicht mehr zu holen. Ab jetzt gäbe es nur noch Spekulationen in unterschiedlichste Richtungen. Wir verabschieden uns schnell, aber natürlich höflich und gehen unserer Wege,
„Was meinst du, hilft uns das weiter?“
„Absolut keine Ahnung. Ich habe aber mal überhaupt nicht das Gefühl, dass es irgendwie Sinn macht, da jetzt einfach zu klingeln oder so.“
Luz nickt.

Am Abend gehen wir noch ins „Mercy Seat“. Der Laden ist gut voll. Nick und Kati rotieren. Von uns sind Betty, Snake, TomTom und der Preacherman da.
Wir gesellen uns dazu. Kati bringt die Getränke.
Die Gläser bimmeln.
Luz erzählt von unserem kleinen Spaziergang. Betty bittet sie, noch mal zu wiederholen, was die Frau genau gesagt hat.
„Ich habe das Gefühl, dass da irgendwas drin steckt. Aber ich weiß nicht was. Was meint ihr?“
Schulterzucken. Irgendwie könnte sie Recht damit haben. Das haben wir ja auch schon vermutetet. Wir stochern im Nebel der Ungewissheit. Und unsere Stöckchen sind nicht sehr lang.
Wir schauen uns unauffällig die anderen Gäste an. Sind die Sprayer dabei? Guckt jemand heimlich zu uns rüber? Versucht jemand bei uns zu lauschen? Mein Blick kreist noch mal durch die Kneipe. Eigentlich muss das von hier kommen. Wegen Durruti. Vielleicht an dem Abend, als Luz gesagt hat, was sich hinter VOD verbirgt.
Der Preacherman holt die nächste Runde an der Theke. Es ist noch sehr voll. Das ändert sich aber bald. Die Jüngeren wollen dann noch was erleben. Ab in die große Stadt. Wie wir früher auch.
Die Gläser bimmeln.
Ein neuer Gast kommt herein. Der war wohl noch nie hier. Vermutlich bin ich der einzige, der den kennt. Pete kennt den zwar auch, aber er ist ja gerade nicht hier. Gestern Morgen habe ich ihn besucht, gestern Nachmittag habe ich ihm eine Mail geschickt. Jetzt ist er hier. Carsten Schmitz. Live und in Farbe. German television proudly presents. Meine Begeisterung hält sich in ganz engen Grenzen.
Er blickt sich um und sieht mich. Die Veränderung in seinem Gesicht deutet darauf hin, dass ich das Ziel seiner Begierde zu sein scheine. Und so steuert er direkt auf mich zu und legt auch gleich los.
„Waller, was willst du von mir? Was soll das alles bedeuten?“
Inzwischen ist er an unseren Tischen angekommen. Er zetert weiter. Der Preacherman sieht mich an.
„Kennst du den? Ist das ein Freund von dir?“
Ich beantworte seine Fragen in der Reihenfolge, in der er sie gestellt hat.
„Ja. Nein.“
Der Preacherman baut seine knapp zwei Meter direkt vor Carsten auf.
„Bleib mal ruhig.“
Carsten wirkt durchaus eingeschüchtert. Der Preacherman kann Angst machen. Er ist jetzt ruhiger, aber gibt trotzdem nicht wirklich Ruhe.
Luz kommt von der Toilette. Sie war nur kurz weg, aber die Lage hat sich in der Zwischenzeit deutlich verändert. Sie bleibt stehen und schaut zu mir rüber. Ich verziehe keine Miene. Sie lächelt mich an und blickt sich dann um.
Aus dem Lächeln wird ein Grinsen. Vielleicht sogar ein Grinsen, in dem eine kleine Portion Boshaftigkeit steckt. Vielleicht auch mehr als nur eine kleine Portion. Sie blinkt Kati hinter der Theke an. Die nickt verstehend und blinkt zurück. Ich bin jetzt neugierig und aufmerksam. Kati verlässt mit einem vollen Tablett die Theke und geht in unsere Richtung. Luz kommt zu unserem Tisch zurück.
Direkt hinter dem immer noch labernden Carsten treffen sich die beiden. Luz tickt das Tablett mit dem Ellenbogen ganz geschickt an und Kati trägt ihren Teil dazu bei, dass sich alle Gläser über ihm ergießen.
„Das tut mir soooo leid!“
Luz lächelt ihn zuckersüß an und tätschelt ihm die Wange.
„Das wollte ich nicht.“
Sie kommt rüber zu mir und küsst mich. Lange und intensiv.
In ihren Adern fließt revolutionäres katalanisches Blut.
Abgang Carsten Schmitz. Er hat genug. Ich fürchte aber, dass ich ihn schon bald wieder sehen werde. Aber jetzt ist er erst mal weg.
Nick kommt aus dem Keller. Er hat ein neues Fass angeschlossen. Der tropfende Carsten geht an ihm vorbei. Er guckt ihm erst hinterher und dann rüber zu uns.
„War was?“
Wir schütteln vage den Kopf. Nichts von Bedeutung. Luz will wissen, wer der Typ eigentlich war. Ich erzähle es ihr und den anderen.
„Das erklärt, warum der so aufgeregt war.“
Kati bringt uns noch eine Runde.
Die Gläser bimmeln.
Wir gehen nach hinten und spielen eine Runde. Der Preacherman will auch heute nicht. Wir wechseln uns ab. Gute Spiele.
Es ist inzwischen spät geworden.

Ab nach Hause.

***
Am Freitag geht es weiter.

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Donnerstag, 5. Januar 2017
12 Magazine “Shot By Both Sides”
Freitag

Wieder im Rathaus. Ich bin gerade angekommen‚vorher habe ich Pete den Plan erklärt. Wir sind bereit. Pete beobachtet den Blog. Sobald der Eintrag online ist, schickt er mir eine SMS.
Das Handy vibriert in meiner Tasche. Ein kurzer Blick auf das Display. Uhrzeit genau einprägen. Auf die Sekunde. Ich habe jetzt genau fünf Minuten. Los geht’s.
Von meinem Platz aus habe ich ein Büro im Auge behalten. Der Mann den ich besuchen möchte ist drin und er ist alleine.
Ab jetzt nicht mehr, denn nun bin ich auch drin.
„Hallo Carsten, wie geht es dem werten Herrn Schmitz denn so?“
Er schaut mich an und fragt sich wahrscheinlich, was ausgerechnet ich ausgerechnet heute ausgerechnet hier will. Wir haben eigentlich nie was miteinander zu tun und zumindest ich kann ihn nicht wirklich leiden. Er ist ein Arschloch.
Von ihm kommt nach einem längeren, nachdenklichen Zögern ein vorsichtiges Hallo.
Mein Handy halte ich so, das ich unauffällig die Uhrzeit erkennen kann.
Seelmann hat ihn schon angerufen, das sehe ich seinem Gesicht eindeutig an. Das war kein schönes Gespräch, da bin ich mir sicher. Er sieht schon ein wenig so aus, als hätte er Angst. Auch wenn er noch nicht weiß, vor wem. Keine Ahnung, ob ich zu seinen Kandidaten gehöre, aber ich denke eher nicht. Vielleicht ändert sich das gleich aber. Mann kann nie wissen.
Er schweigt mich an, ich schweige ihn an. Er fühlt sich dabei deutlich weniger wohl als ich.
Sein Rechner macht einen Piepton. Ich kenne den Ton. Er ist an allen Rechnern in der Verwaltung gleich. Sie haben eine neue Mail. Ein Blick auf das Handy. Pete ist auf die Sekunde pünktlich.
Carsten sitzt einfach nur da, aber wie es scheint, interessiert er sich nicht für seinen Posteingang. Dabei könnte es etwas außerordentlich Wichtiges sein. Er arbeitet schließlich im öffentlichen Dienst. Offenkundig muss ihm auf die Sprünge geholfen werden. Und ich helfe gern. So bin ich halt.
„Schau ruhig rein, könnte ja wichtig sein.“
Jetzt ist er ernsthaft beunruhigt. Er weiß nicht, was hier gespielt wird. Ich schon. Da bin ich klar im Vorteil. Sein Blick geht von mir zum Bildschirm. Er sieht eine Mail von einer unbekannten Hotmail-Adresse. Pete hat ihm geschrieben. Den Link zum aktuellen Eintrag im Blog. Das geht schon aus der Betreffzeile hervor.
Sein Gesicht ist in Bewegung. Könnte vom Denken kommen. Macht er vielleicht nicht oft. Seine Mimik verrät mir, dass der den Blog kennt und sich jetzt fragt, was das denn jetzt soll.
Die Antwort würde er mit einem Klick bekommen können, aber er guckt vom Bildschirm zu mir und dann wieder zurück und dann wieder zurück zu mir. Hoffentlich zerrt er sich nicht den Halsmuskel.
„Waller, was ist hier los?“
Schulterzucken.
„Keine Ahnung, wovon du redest.“
„Hier stimmt doch was nicht.“
Jetzt klickt er endlich auf den Link. Im Browser öffnet sich die Seite. Und er wird bleich. Nicht nur ein bisschen, nein so richtig. Totenbleich.
Ich weiß, was er sieht. Es scheint ihm nicht zu gefallen.
Luz hat den Sprayern seine Adresse gegeben und einen Stromkasten beschrieben, der dort seitlich am Zaun steht. Was man im Internet nicht alles herausfinden kann, ohne das Haus verlassen zu müssen. Auf den sollten sie den VOD-Schriftzug machen. Und den sollten sie so fotografieren, dass das Haus dahinter gut erkennbar ist.
So wie er aussieht, hat alles wunderbar funktioniert. Das würde ich mir später auch angucken. Mich wird es aber eindeutig weniger aufregen.
Der Mann sieht aus als würde er etwas Ruhe brauchen können. Erst das Telefonat mit Seelmann, jetzt das. Es ist der richtige Augenblick für mich zu gehen. Er soll Zeit bekommen in Ruhe nachzudenken. Und ich halte ihn nicht unbedingt für einen Schnelldenker. Das kann eventuell also dauern.
„Waller, was geht hier ab?“
„Keine Ahnung, was du meinst.“
Ab durch die Tür und Richtung Treppe.
Hinter mir höre ich ihn noch einmal nach mir rufen.

Auf dem Weg in die Stadt klingelt das Handy. DreiElf hat mich aus seinem Fenster gesehen und will sich mit mir im Café treffen.
Der Kaffee tut gut. DreiElf ist schnell da und setzt sich zu mir.
„Was hast du im Rathaus gemacht?’“
„Carsten Schmitz besucht.“
DreiElf mustert mich skeptisch.
„Der Typ ist ein Arschloch, aber ich wollte ihm beim Surfen im Netz zugucken.“
DreiElf mustert mich äußerst skeptisch.
„Guck dir gleich mal den neuen Eintrag im Blog an. Das ist sein Haus. Und ich wollte dabei sein, wenn er die Fotos zum ersten Mal sieht.“
DreiElf wird ins Bild gesetzt. Über Seelmann und Schmitz. Er wirkt ein wenig beeindruckt.
„Da habt ihr aber ganz schön Gas gegeben. Leider kann ich da nicht mithalten. Ich bin leider noch nicht weiter.“
Der nimmt einen Schluck aus seiner Tasse.
„Es gibt keine Spuren, die ich eindeutig einem der drei Admins zuordnen kann. Der hat dabei keine Fehler gemacht. Saubere Arbeit. Das ist aber auch allen dreien zuzutrauen.“
Er lächelt gequält.
„Wir sind eine der wenigen richtigen Fachabteilungen in der ganzen Verwaltung.“
Jetzt müssen wir beide grinsen. Wo er Recht hat, hat er Recht.
„Hast du gehört, ob der OB noch was über mich gesagt hat?“
„Ich glaube, wenn er deinen Namen im Moment in den Mund nehmen würde, müsste er kotzen.“
„Dabei hat der eine Art, dass ich laufend kotzen könnte.“
DreiElf lacht schallend. Er kennt die richtigen Filme. Musikalisch ist er aber eher Diaspora. 70er Progrock halt.
Wir gehen unserer Wege.

Zurück an meinem Schreibtisch. Pete und ich starren auf den Bildschirm. Wir haben den Blog aufgerufen und gucken uns die Bilder an. Was ist das für eine Truppe? Die sind clever und die sind gut, nicht nur beim Sprayen. Ich bin neugierig, aber wir haben keine Ahnung. Vielleicht saßen die Mittwoch im „Mercy Seat“ am Nebentisch und haben über die ahnungslosen alten Menschen gelacht.
Pete trommelt mit den Finger auf dem Tisch.
„Ich würde dem Schmitz gerne noch einen mitgeben. Das st so eine Pfeife, den kann ich echt nicht ab.“
Pete ist ein Menschenkenner. Zweifelsfrei.
„Pete, ich habe eine Idee. Nicht spektakulär, aber besser als nichts. Soll er noch was zum Nachdenken bekommen.“
Schnell lege ich ein neues Hotmail-Konto an. Er müsste auf jeden Fall noch im Büro sein. Zu früh für Feierabend. Also eine Mail an CarstenDotSchmitz vom neuen Konto geschickt.
Wir wissen ganz genau, was du machst. Wir beobachten dich. VOD!
Pete guckt zufrieden. Nicht viel, aber doch etwas.
Das Ende des Gesprächs mit DreiElf hat bei mir Begehrlichkeiten geweckt. Ich will ins Kino. In einen ganz bestimmten Film. Und die Programmsonne lacht mich an. Der Film läuft heute. In der „Flimmerkiste“. Da können wir sogar gut mit der Bahn hin.
Ich schicke Luz eine Mail. Sie wird sich freuen. Zumindest vielleicht ein wenig. Ich aber um so mehr.
Blues Brothers. Lange nicht gesehen.

Wir sind im Auftrag des Herrn unterwegs.

***
Am Montag geht es weiter.

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Sonntag, 1. Januar 2017
11 Siglo XX „Fear“
Donnerstag

Fast halb sechs. Bewölkt. Es ist stockdunkel. Wir haben Luz Fiat in einer finsteren Seitengasse abgestellt und sind dann zu Fuß weiter. Zwei Minuten warten wir noch. Wenn bis dahin keine SMS kommt, gehen wir rein.
Das Handy bleibt stumm.
Wir setzen die Hüte ab und legen die langen Mäntel weg. Die Klamotten kommen unter das Vordach von einem kleinen Schuppen neben uns.
Abmarsch.
Der Hintereingang ist nicht verschlossen. Also rein und die Treppen hoch.
Der Preacherman und ich gehen schweigend nebeneinander den Gang entlang. Wir wissen was wir wollen, aber nicht genau, wie wir das erreichen sollen. Improvisation ist angesagt.
Weit kann es nicht mehr sein. Neben einer neu wirkenden Tür zeigt uns das Namensschild, dass wir richtig sind.
Die Tür wirkt neu, weil sie neu ist. Ihre Vorgängerin ist vor kurzer Zeit aufgebrochen worden.
Wir gucken uns an. Los geht’s.
Gerade will ich die Hand auf die Klinke legen, als mich der Preacherman antippt und mir mit einer kurzen Kopfbewegung zu versehen, dass ich zur Seite gehen soll.
Mir macht das nichts, er kann gerne vorgehen. Er grinst mich an und zeigt auf eine Aufschrift mitten auf der Glastür.
BITTE LEISE EINTRETEN
Dann geht es blitzschnell. Der Preacherman setzt einen gekonnt aussehenden, gewaltigen Kick mit der Sohle einer seiner schweren Stiefel an.
Das Glas explodiert quasi. Leise hat nicht unbedingt geklappt. Eintreten hingegen schon.
Der Preacherman überrascht mich.
Wir betreten das Büro. Hinter dem Schreibtisch sitzt eine Frau um die vierzig. Sie wirkt nicht, wenig überraschend, reichlich erschüttert. Ihre rechte Hand bewegt sich zum Telefon.
„Ich würde das lassen.“
Die tiefe Stimme vom Preacherman zeigt Wirkung. Die Frau ist schnell überzeugt, dass er Recht hat. Die Hand bewegt sich zügig wieder vom Hörer weg.
Rechts von uns wird eine Tür geöffnet. Ein Mann, den ich neulich schon einmal gesehen habe, stürmt in das Vorzimmer. Seelmann. Das trifft sich hervorragend, denn genau zu dem wollen wir. Wenn ich sagen würde, dass ich mich freue, heute so richtig seine Bekanntschaft zu machen, würde ich lügen. Es hätte weiterhin gereicht, ihn nur vom sehen zu kennen. Oder auch vom wegsehen. Aber er freut sich bestimmt auch nicht, die unserige zu machen. Zumindest sieht er gerade nicht so aus. Er öffnet den Mund und schließt ihn kurz danach wieder. Ohne ein Wort. Die Situation scheint ihn zu irritieren. Und der Preacherman scheint ihn deutlich mehr zu beeindrucken, als die zwei Banker letzte Woche. Er brüllt den Preacherman nicht an. Er macht eindeutig einen eher eingeschüchterten Eindruck.
Bevor sich das aber doch noch ändert und er womöglich plötzlich auf irgendwelche dummen Ideen kommt, hilft ihm der Preacherman mit einem guten Ratschlag weiter.
„Setz dich.“
Seelmann ist sofort einsichtig, dass das ein guter Vorschlag ist, und setzt sich.
Von seinem Platz aus kann er seine Sekretärin nicht sehen. Stefanie lächelt schnell zu uns rüber. Sie hat uns durch den Hintereingang ins Gebäude gelassen.
Sie ist eine Frau von Ehre.
Bis vor zwei Tagen kannte sie keiner von uns, dann kam sie ins „Mercy Seat“ und wollte den Chef sprechen. Nick wunderte sich zwar, aber nach mehr als zwanzig Jahren Dienst in der freien Wirtschaft, stellt man sich fast jeder und jedem. Zumindest verbal.
Stefanie kam auch schnell zum Punkt und erzählte Nick, dass sich Seelmann mehr oder weniger illegal, das Gewerkschaftshaus unter den Nage reißen will. Dass war jetzt für Nick nicht mehr so neu, aber sie bot im Hilfe an, auch wenn sie das womöglich den Job kosten könnte.
Und diese Hilfe haben wir heute benötigt und bekommen. Nur deshalb sind wir jetzt hier.
Sie ist eine Frau von Ehre.
Wir verziehen keine Miene, sondern fixieren Seelmann mit den Augen. Er hat Angst. Das ist gut. Menschen mit Angst machen Fehler.
Der Preacherman baut sich vor dem Stuhl auf. Aus der Innentasche seiner Jacke holt er einen kleinern, aber gemein aussehenden Schlagstock hervor. Er betrachtet ihn beinahe zärtlich, ehe er Seelmann wieder direkt in die Augen schaut.
Von dem Schlagstock habe ich nichts gewusst. Er ist heute voller Überraschungen. Ich weiß einfach, dass er ihn nicht schlagen wird. Stefanie weiß das jedoch nicht. Sie blickt ängstlich zu mir rüber. Ich kann unbemerkt eine beruhigende Geste in ihre Richtung machen. Seelmann schenkt mir im Moment keinerlei Beachtung. Es ist vom Preacherman und seiner Waffe vollkommen fasziniert.
Er schwitzt. Das kann ich auf seinem Hemd unter den Achseln sehen. Ich finde es eher kühl. Wegen der kaputten Tür zieht es ein wenig.
Der Preacherman sammelt sich.
„Wir sind wegen des Deals mit dem Gewerkschaftshaus hier.“
Der Satz steht im Raum. Seelmann ist verwirrt. Er hat das für einen Überfall gehalten. Der Preacherman macht eine Bewegung mit dem Schlagstock. Sofort hat er die Aufmerksamkeit von Seelmann zurück.
„Wir wollen wissen, wer die Erbengemeinschaft ist. Namen. Adressen. Alles.“
Ich bewundere diesen spontanen Einfall. Die Namen wissen wir schon, so dass wir jetzt sofort erkennen können, ob er mit uns kooperiert oder sich für oberschlau hält und meint uns linken zu können.
„Martin Beier. Heike Kaiser. Die Adressen muss Ihnen Frau Hilpert geben.“
Die Namen stimmen. Seelmann hat richtig Angst. Er kann die Situation nicht einschätzen. Er schwitzt auch stärker. Ich kann seine Angst jetzt auch riechen. Müsste aber nicht sein, ginge auch so. Der Typ müffelt reichlich unangenehm.
Stefanie greift sich einen Ordner, sucht und fängt an zu schreiben.
Der Preacherman fragt weiter.
„Der OB hängt da mit drin?“
„Hier nicht.“
In der Geschichte speziell also nicht. Aber woanders dann wohl schon. Das sollten wir auf keinen Fall aus den Augen verlieren.
„Sondern?“
Der Preacherman hakt nach. Seelmann zögert. Aber nur kurz.
„Er öffnet eher Türen oder ebnet Wege.“
„Wer ist denn dann dein Mann bei der Stadt?“
Seelmann schweigt. Der Preacherman blickt auf den Schlagstock. Seelmann nennt einen Namen. Der Preacherman blickt unauffällig in meine Richtung. Er will wissen, ob ich den Mann kenne. Ich nicke ihm ganz dezent zu.
„Und sonst?“
„Niemand.“
Wir glauben ihm. Seelmann ist zu verängstigt. Zeit zu verschwinden. Wir lassen uns die Handys geben und schließen sie zusammen mit den Mobilteilen der anderen beiden Telefone in einem stabil aussehenden Schrank ein. Stefanie hat uns vorher gesagt, dass Seelmann nur ein Handy hat. Wir werfen den kleinen Schlüssel aus dem Fenster.
„Halt dich vom Gewerkschaftshaus ab jetzt fern. Die Sache übernehmen wir. Das ist jetzt unsere Baustelle.“
Damit wollen wir ihn auf eine falsche Fährte lotsen. Er soll nach Möglichkeit denken, dass die Konkurrenz ihm da übel mitspielt.
Direkt neben dem Büro ist der Fahrstuhl. Ich gehe zuerst raus und drücke den Knopf. Der Fahrstuhl kommt. Leer. Ich rufe den Preacherman. Ab in den Keller und hinten raus. Zum Schuppen. Mantel an, Hut auf. Über einen Zaun und weg. Niemand scheint uns gesehen zu haben.
Kurz danach sitzen wir im Fiat und hauen ab. Unterwegs fragt der Preacherman nach dem Typ den Seelmann genannt hat. Der ist aber nur ein kleines Licht. Da muss zweifelsfrei noch jemand hinter sein.
Jetzt hängt alles von Stefanie ab. Ich sehe den Preacherman an.
„Ich weiß eigentlich nichts über dich.“
Er macht eine abwehrende Handbewegung.
„Nicht jetzt. Später. Vielleicht.“
Wir fahren schweigend weiter.

Luz freut sich, dass wir zurück sind. Wir sitzen in der Küche und erzählen. Das Radio läuft.
Endlich der Bericht, auf den wir warten. Das Lokalradio interviewt die Sekretärin des Baulöwen. Volle Anspannung. Was sie jetzt sagt, hat sie auch den Sheriffs erzählt.
Und wir lauschen ihrem Märchen von den beiden Männern mit Tüchern vorm Gesicht, Sonnenbrillen, Lederjacken und blauen Jeans. Sie glaubt ganz fest, dass das Schlägerkommando von der Konkurrenz geschickt worden ist. Zur Einschüchterung. Sie sagt nichts, was auch nur im Ansatz auf uns deutet.
Sie hat ihr Wort voll und ganz gehalten. Sie ist eine Frau von Ehre.
Seelmann steht für ein Interview nicht zur Verfügung.
Wir atmen auf. Der Preacherman macht sich vom Acker. Luz brütet vor sich hin. Dann nickt sie und beginnt zu lächeln. Ihr ist was eingefallen.
„Wir müssen die Sprayer anmailen. In dem Büro vom Seelmann ist zwar schon ein Zeichen vom Einbruch, aber die dürfen auf keinen Fall noch eins dort machen. Das würde irgendwie verdächtig aussehen.“
Der Laptop wird hochgefahren. Anmelden. Einloggen. Luz schreibt.
„Ihr habt mir den Link zu dem Blog geschickt. Wenn ich was von euch will, soll ich mich melden.
Sie sieht mich an. Nicken. Senden. Die Antwort kommt beinahe postwendend.
Du musst dich identifizieren. Deine Initialen und die von unserem Schutzpatron.
Ich grüble noch aber Luz schreibt schon.
MK und BD
Buenaventura Durruti.
In ihren Adern fließt revolutionäres katalanisches Blut.
Alles klar. Was möchtest du?
Luz fragt mich nach einer Adresse. Ich kenne die nicht. Wir holen uns die Info im Netz. Luz fängt an zu tippen, ich lese mit.
Sie schreibt, dass auf keinen Fall ein Zeichen an das Bürogebäude darf. Dann schlägt sie vor, wo und wie heute Nacht ein Zeichen gemacht werden könnte. Und das wir dann morgen früh um zehn einen Eintrag im Blog mit Bildern dazu haben möchten.
Die Antwort ist kurz.
Geht klar!
Dann erzählt mir Luz, was ich am nächsten Tag tun soll. Der Plan ist brillant. Das wird sicher Wirkung zeigen.
Sie strahlt mich an. Meine Gefährtin. Luz. Lucia Emanuele Gomez Gonzales.
In Ihren Adern fließt revolutionäres katalanisches Blut.

Hasta la victoria siempre!

***
Am Freitag eht es weiter

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Donnerstag, 29. Dezember 2016
10 The Jesus And Mary Chain “On The Wall”
Mittwoch

Pete hat die Zeitung mitgebracht und auf meinen Schreibtisch gelegt. Lokalteil. Erste Seite. Ein großes Bild vom Graffiti. Viel Text, aber wenig Inhalt. Ich gehe zu ihm rüber.
„Viel steht da nicht.“
Er schaut hoch.
„Wir wissen ja schon wenig, aber die haben ja keinen blassen Schimmer. Da taucht das Zeichen erst beim Bruch beim Baulöwen auf und dann auch noch am Rathaus. Die müssen da was schreiben, auch wenn sie nicht wissen was. Wer weiß, wofür das noch gut sein kann, dass das da drin steht.“
Pete nickt in Richtung seines Monitors.
„Ich habe heute ein wenig gegoogelt. Es ist wirklich absolut erstaunlich und ich habe nicht die Spur einer Ahnung, wie man so was so schnell hinbekommt. Die haben den Blog unglaublich gut in der Trefferliste positioniert. Da ist jemand mit richtig Ahnung am Werk. Wenn du unsere Stadt eingibst, ist das ganz oben bei den Suchergebnissen. Und das quasi über Nacht. Den Blog werden sich heute viele angucken.“
Respekt. Ein anerkennendes Kopfwackeln. Es klopft. Nick steht in der offenen Tür.
„Moin, moin.“
„Was machst du denn hier?“
„Bin ein wenig hier in der Nähe rumgewandert.“
Pete und ich gucken uns an. Dann gucken wir Nick vorsichtig an. Er ist kein Spaziergänger. Und auch nie gewesen. Er quittiert unsere skeptischen Blicke mit einer Handbewegung. Wir geben ihm Kaffee. Mit viel Zucker, so wie er ihn am liebsten hat. Schwarz und süß. Kaffee hilft meistens. Zumindest etwas.
„“Ich habe, bevor ich los bin, bei der Hausverwaltung angerufen. Die sagen mir nicht, wer ihre Auftraggeber sind. Wenn ich was will, sind die meine Ansprechpartner. Da geht mal gar nichts. Soll ich versuchen, was über die Verwaltung weitergeben zu lassen?“
Keine schlechter Gedanke. Aber was? Kollektive Ahnungslosigkeit. Wir lassen die Idee zunächst fallen. Nick verschwindet auch wieder.
Mein Handy brummt. Luz ist dran. Nach einem kurzen Hallo, kommt sie schnell auf den Punkt. Sie klingt aufgeregt.
„Habt ihr den neuen Eintrag im Blog schon gesehen?“
Haben wir nicht, holen wir deshalb sofort nach. Die vermummten Gestalten vor einem Haus mit einer massiv aussehenden Mauer drum herum. Wir sehen wie der VOD-Schriftzug entseht. Auf dunklen Steinen. In Rot. In Schablonenschrift. Sieht richtig gut aus. Ich kenne das Haus nicht, nie vorher gesehen. Pete zuckt simultan dazu mit den Schultern.
„Wisst ihr bei wem das ist?“
Nein, wissen wir nicht.
„Das ist beim Seelmann zuhause. Ich kenne die Hütte, habe da immer die Termine mit seiner Ollen. Cool, oder“
Ja, cool. Im Büro vom Seelmann, am Rathaus, am Palast vom Seelmann. VOD – Vengeance Of Durruti. In Schablonenschrift. In Schwarz. Oder in Rot.
Der Tag plätschert vor sich hin. Die Stadtverwaltung ist oft kein Abenteuerspielplatz. Nur manchmal.

Es ist keine Zeit verabredet, aber gegen acht sind alle da. Außer TomTom. Der ist noch auf dem Rückweg. Er hat heute den Ordner von Seelmann durchgeguckt. Er wird aber gleich eintreffen.
Kati bringt die Getränke. Die Gläser bimmeln.
TomTom kommt dazu. Er wirkt gehetzt und braucht ein paar Minuten um sich zu sammeln. Stau auf der Bahn. Wie sollte es auch anders sein. Er nimmt noch einen Schluck und konzentriert sich.
„Viel gibt das Ding wirklich nicht her. Allerdings ist da schon einiges an Kohle vorab geflossen, so sieht es zumindest aus. Das ist aber nebulös und irgendwie wohl auch nicht offiziell. Ich schätze 15000 Euro sind da mindestens schon raus. Aber halt ohne Belege oder so was, mehr nur Hinweise.“
Wir sehen uns an. Klingt nach Bestechung oder so.
„Und dann habe ich da noch so ein Gefühl, dass der Seelmann vielleicht finanzielle Probleme haben könnte. Das ist aber nicht konkret, eher so zwischen den Zeilen gelesen. So, als hätte der Mühe im Moment an Bares zu kommen. Daher könnte das Ding hier für ihn super wichtig sein. Ich habe jetzt so nicht die Ahnung. Weiß einer von euch, was bei dem in letzter Zeit gelaufen ist?“
Luz nickt.
„Die beiden letzten Projekte waren wohl eher Flops. Die sind wohl nicht ansatzweise so erfolgreich gewesen wie geplant. Sagt zumindest seine Olle.“
Snake tippt sie an.
„Warum sagst du immer Olle, wenn du von der redest?“
Luz grinst.
„Du kennst die Olle wohl nicht. Denn wenn du die Olle kennen würdest, würdest du nicht fragen, warum ich zu der Ollen Olle sage.“
Snake grinst jetzt breit zurück.
Zeus und Siouxsie sehen sich kurz an, ehe sie ihm ein Zeichen gibt, dass er anfangen soll.
„Das mit den finanziellen Problemen können wir bestätigen. Wir haben ja mit meiner Schwester wegen der Erbengemeinschaft gesprochen, aber das erzählt Siouxsie gleich. Dabei sind wir dann auch auf den Seelmann gekommen und da hat sie uns erzählt, dass der neulich voll ausgerastet ist, weil er keinen Kredit mehr gekriegt hat. Der muss getobt haben wie die wilde Sau. Die hätten fast die Sheriffs kommen lassen. Der ist im Moment wohl am Arsch.“
Ich erinnere mich, dass ich am Ende dieser Vorstellung vor der Sparkasse einen guten Platz in der ersten Reihe gehabt habe. Alles live, in Farbe und in voller Lautstärke: Da blieben fast keine Wünsche offen. Jetzt weiß auch ich, wer dieser Seelmann überhaupt ist und wie er aussieht.
„Ja und dann haben wir mit ihr noch über die Erbengemeinschaft gesprochen. Sie hat uns die Namen und Adressen besorgt. Heike Kaiser. Martin Beier. Schillerstraße 46 und 46a. Das ist ja nicht weit vom Zeus, da sind wir dann mal hingelaufen.“
Noch mehr Spaziergänger. Würde ich bald bequemere Schuhe brauchen? Siouxsie zögert kurz als sie genau in diesem Augenblick zu mir rüberguckt.
„Auf jeden Fall sieht das da ganz komisch aus. Die bewohnen so ein Doppelhaus. Jeder eine Seite. Und die eine Hälfte ist orange und die andere eher so pink. Das passt gar nicht und sieht schauerlich aus. Das kennt ihr bestimmt alle.“
Alle nicken. Da ist jeder schon mal dran vorbei gekommen und hat sich gewundert. Aber das die beiden auch noch irgendwie zusammengehören, macht die Sache noch einmal deutlich merkwürdiger.
„Wir haben dann auch noch genauer geguckt. Die haben einen dicken Zaun im Vorgarten. Als könnten die sich mal so gar nicht leiden.“
Jetzt wissen wir einiges mehr, aber noch nicht, was wir damit anfangen sollen. Großes Palaver.
Kati bringt Getränke. Die Gläser bimmeln.
Bis jetzt war es sehr voll und Nick konnte Kati nicht alleine lassen, aber jetzt wird es leerer. Nick gesellt sich zu uns. Er erzählt uns von einer Frau, die gestern da war.
Noch mehr großes Palaver.
Nick schickt der Frau eine SMS. Kurz darauf ruft sie ihn an. Wir schmieden einen Plan. Zumindest so was in der Art von einem Plan. Mit viel Ungewissheit und Improvisation. Solche Sachen sind nicht unser Metier. Da haben wir keinerlei Übung. Das kann klappen, muss aber nicht.
Und dann liegt plötzlich die entscheidende Frage auf dem Tisch.
„Und wer macht das dann jetzt?“
Unklar wer die Frage dort hingelegt hat, aber sie ist jetzt da. Volunteers to the Front. Niemand tritt vor. Eher treten alle zurück. Nur der Preacherman und ich haben wohl den Start dazu verpasst.
Nick guckt in die Runde.
„Ich denke, es sollten zwei gehen. Einer ist zu wenig, mehr sind zu viele. Die beiden von uns, die irgendwie am gefährlichsten und so wirken, sollten das machen.“
Alle Blicke gehen sofort zum Preacherman. Er ist der einzige von uns, der gefährlich und so aussieht, Und er ist selbst ohne Hut fast zwei Meter groß. Der runzelt kurz die Stirn, nickt aber dann zustimmend. Er wirkt über unser Vertrauen in ihn erfreut und irgendwie sogar geehrt.
Danach streifen die Blicke langsamer, aber ich weiß, dass sie am Ende bei mir Halt machen werden. Und so geschieht es. Ich füge mich in mein Schicksal.
Noch ein paar Details. Hier und da. Und überhaupt.
Kati bringt noch eine letzte Runde. Die Gläser bimmeln.
Verabschiedung. Aufbruch. Wieder nicht gekickert. Das darf aber nicht zur Gewohnheit werden.
Vor der Tür schauen der Preacherman und ich uns noch einmal in die Augen. Irgendwie habe ich plötzlich ein gutes Gefühl. Warum auch immer. Woher auch immer.
Luz und ich gehen heim. Ich sehe sie an.
„Ich glaube, der Preacherman steckt voller Überraschungen.“

Ich freue mich auf morgen. Warum auch immer.

***
Am Montag geht es weiter.

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Montag, 26. Dezember 2016
09 The Clash “Police And Thieves”
Dienstag

Pete sitzt bei mir im Büro. Frühstück. Meine Handy zeigt eine neue Nachricht an. DreiElf ist der Absender. Der Text ist kurz.
„Die WAZ ist schon da.“
In der Anlage ein Foto. Ich kann nicht glauben, was ich da sehe. und schiebe das Ding zu Pete rüber. Der guckt sparsam. Ich weiß, was er denkt. Ich denke das gleiche.
„Luz?“
Mehr sagt er nicht. Mein Blickt geht zurück zum Display.
Die Mauer neben dem Haupteingang vom Rathaus und darauf in großen Buchstaben VOD. In Rot. In Schablonenschrift. Alte Punk und New Wave Tradition.
Crass, New Model Army. Auch die Toten Hosen.
Ich leite die Nachricht an Luz weiter. Die Antwort kommt überraschend schnell. Ich lese sie Pete vor.
„Cool! Aber wer war das?“
Damit scheidet sie als Mitwisserin raus. So hätte sie nicht geschrieben, wenn sie da ihre Finger drin hätte.
Ihre Frage steht im Raum. Es ist eine gute Frage. Eine Antwort darauf wäre auch nett.
Siouxsie ruft an. Ich gehe dran.
„Waller, das mit Zeus war kein Zufall, du hast mich gelinkt.“
Ich warte erst mal ab. Die Windrichtung checken. Nach einer kurzen Pause kommt noch ein weiteres Wort..
„Danke.“
„Rufst du nur deswegen an?“
„Nein, von dem Zeichen an der Wand habt ihr schon was mitbekommen?“
„Ja, haben wir, auch dass die WAZ schon da ist. Wollen wir uns morgen mal eine Zeitung besorgen. Vielleicht haben die Schriftgelehrten ja eine hübsche Theorie dazu.“
„Bei uns im System ist etwas seltsam. Den Ordner vom Gewerkschaftshaus auf dem Server kann man nicht öffnen. Der ist gesperrt, gar nicht da oder was auch immer. Gilt auch für Leute, die auf jeden Fall immer Zugriff darauf hatten. Die Akte hängt auch nicht im Archiv. Bis jetzt macht aber noch keiner da offiziell was. Großes bürokratisches Zögern.“
„Scheiße.“
„Ja, aber es gibt auch gute Nachrichten. Im Grundbuch ist noch alles wie immer. Die Eigentumsverhältnisse sind noch wie immer. Die Hütte gehört weiter der Stadt und ist verpachtet.“
Ich danke ihr, drück auf die Gabel und wähle die Nummer von DreiElf.
Er bekommt die Infos. Er hat Administratorrechte. Er kann da auch noch mal genauer gucken.
Kurz darauf ruft er schon zurück. Der Ordner ist leer . Alle Dateien sind verschoben worden. Wohin auch immer. Ins Nirwana oder zumindest in die Nähe davon. Auf jeden Fall sind sie weg. Der letzte Zugriff war von einem User, den es eigentlich nicht gibt. Den hat jemand extra dafür angelegt und danach wieder gelöscht. Das kann nur einer der Admins gemacht haben. Viele davon gibt es nicht. DreiElf bleibt da ganz nah am Ball.
Mein Rechner zeigt eine neue E-Mail an. Absender ist vod-vod@hotmail.com.
Ich gebe Pete an Zeichen. Er kommt rum. Ich möchte die Mail nicht alleine öffnen. Er wirft einen Blick auf den Bildschirm.
„Shit, was ist das denn?
Schulterzucken. Ich habe eine Ahnung.
Hotmail. Da kann sich jeder einen Account erstellen. Und meine Adresse hier setzt sich aus VornameDotNachname zusammen. Wie bei jedem anderen bei der Stadt auch. Da muss man kein Genie sein, wenn man mir schreiben will.
Doppelklick. Die Mail öffnet sich . Kein wirklicher Text. Nur ein Link zu einem Blog im Netz. Ich schiebe den Mauszeiger auf den Link. Wir sehen uns an. Pete dreht die Augen gen Himmel.
„Egal. Mach einfach!“
Und ich mache. Der Browser öffnet sich und die Seite baut sich auf.
Ich bin sprachlos und sage daher rein gar nichts. Von Pete kommt auch nicht mehr. Wir lassen die Sache auf uns wirken. Und Wirkung gibt es da reichlich.
Roter Hintergrund. Oben drüber steht ganz groß VOD. In Schwarz. In Schablonenschrift. Darunter ein Bild von einem Mann mit Mütze. Wie ein Scherenschnitt. In Schwarz.
Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Da weiß jemand zu viel. Ich kenne das Bild. Es ist das Cover von einem Buch. Dort ist der Mann aber zu erkennen. Ich habe dieses Buch mehrmals gelesen.
Kopfschütteln. Ich kann das alles gerade gar nicht glauben. Pete stößt mich an.
„Was ist?“
Mein Finger zeigt auf das Bild.
„Durruti.“
„Was?“
In einem neuen Tab öffne ich die Amazonseite, suche kurz und finde schnell. Auf dem Bildschirm erscheint ein Buch. „Durruti“ von Abel Paez. Pete sieht das Cover und weiß Bescheid.
„Shit.“
Zurück zu dem Blog. Es gibt bisher nur einen Eintrag von heute. Ich rufe ihn auf. Etwa zehn Bilder. Sonst nichts. Kein Text. Ist aber auch nicht nötig. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Und hier gibt es deutlich mehr als nur ein Bild. Also auch mehr als nur einmal tausend Worte.
Auf den Fotos sieht man unser Rathaus. Und zwei Gestalten mit Pappschablonen und einer Sprühdose. Wir sehen, wie der Schriftzug VOD entsteht.
Die Gestalten tragen Schwarze Overalls, Chucks, Wollmützen, Tücher vorm Gesicht und Sonnenbrillen. Absolut nicht identifizierbar. Könnte jeder sein. Frau, Mann, jung, alt.
Unsere Blicke treffen sich. Was ist hier los?
„Waller, lösch die Mail. Oder?“
„Ja, gleich.“
Waller denkt. Nicht schnell, aber im Moment zumindest einigermaßen sorgfältig.
„Wir brauchen alle auch Hotmail-Adressen. Besser ist das. Sicher ist sicher.“
Für Pete und mich legen wir sofort welche an. Pete beginnt zu telefonieren und gibt unsere neuen Adressen durch. Sie sollen uns darüber kontaktieren, sobald sie ebenfalls eine haben. Die Mail mit dem Link leite ich an unsere neuen Adressen weiter.
Ich will das Original gerade löschen, da habe ich eine Idee. Antworten. Ohne Text. Lange müssen wir uns danach nicht gedulden.
Wenn du hier was posten willst, schreib es uns einfach. Wir platzieren die Seite gerade so im Netz, dass sie für jeden schnell zu finden ist.
Wer ist denn da am Werk? Hackende Sprayer? Sprayende Hacker?
Im Hotmail-Postfach tut sich auch was. Wir schicken die Mail mit dem Link weiter. Wir löschen an meinem Rechner die Spuren unserer Aktivitäten so gut wir können. Danach ein Anruf bei DreiElf, damit er guckt, ob noch was übrig ist.

Zuhause hat Luz den Blog auf dem Laptop geöffnet. Sie sieht mich fragend an, als ich rein komme.
Ein Kuss und noch ein Kuss. Weil ich es darf. Weil nur ich es darf.
„Keine Ahnung. Und davon reichlich.“
Sie schiebt eine Killing Joke CD in den Player. „Pandemonium“. Keine leichte Kost, da gibt es was auf die Lauschlappen. Bläst dafür den Kopf frei.
Es schellt. Wir erwarten niemanden. Luz geht zur Tür. Ich kann Stimmen hören, aber die Worte nicht verstehen. Luz steckt den Kopf durch die Tür.
„Die Sheriffs sind da. Die wollen zu dir.“
Ich schließe noch schnell den Browser. Vielleicht wollen die ja gar rein kommen. Wir gehen zusammen zurück zur Tür.
Da stehen die beiden. Der eine ist in meinem Alter und kann sich das Grinsen nicht verkneifen. Der andere ist jünger und versucht gefährlich zu wirken.
„Ah hallo, die exekutive Gewalt ist da.“
Ich hatte in der Schule Politik. Ich kenne das Prinzip der Gewaltenteilung. Ich hatte den besten Lehrer. Er ist jetzt OB.
Der junge Sheriff guckt jetzt eher verwirrt. Vielleicht war Schule nicht so sein Ding. Der andere schließt kurz die Augen und versucht sich zu konzentrieren.
„Sind Sie Michael Krawallek?
„Ja, der bin ich.“
„Können Sie sich ausweisen?“
Ich verdrehe die Augen und krame meinen Ausweis aus der Brieftasche. Dann halte ich ihm das Ding absichtlich falsch herum hin.
„Thorsten, du erinnerst dich zumindest dunkel, dass wir zusammen Abi gemacht haben?“
Der jüngere Sheriff guckt seinen Kollegen von der Seite an. Offenkundig teilt Thorsten nur Teile seines Wissens. Und wirklich helle war und ist er auch nicht. Da bleibt für den Nachwuchs nicht so viel.
„Ja sicher, pack schon weg. Wir haben ein paar Fragen. Können wir rein kommen?“
Luz verzieht sich ins Wohnzimmer. Clever. Sie haben nur nach mir gefragt. Die beiden führe ich in die Küche. Wir verteilen uns mehr oder weniger gleichmäßig um den Tisch.
„Weißt du was über den Einbruch bei Seelmanns?“
„Das, was ich im Radio gehört habe.“
„Und darüber hinaus?“
„Nichts.“
So richtig wissen die nicht, was die hier sollen. Ihr Vorrat an vorbereiteten Fragen scheint eher gering.
„Sagt dir VOD was?“
„Video on Demand.“
„Und sonst. In Bezug auf die beiden Graffitis bei Seelmann und am Rathaus?“
„Gar nichts.“
Die beiden wechseln Blicke. Ihr Vorrat an vorbereiteten Fragen scheint erschöpft. Immerhin waren es drei.
„Ja, das war es eigentlich auch schon.“
Die zwei Helden stehen auf und verlassen die Küche. Thorsten hat sein Notizbuch liegen lassen. Mit Absicht, deshalb sage ich nichts, aber ich stecke es unbemerkt ein.
Sie gehen die Treppe runter. Ich bleibe an der Tür. Thorsten kommt wieder hoch. Ich halte ihm sein Buch hin.
„Keine Ahnung, warum wir zu dir mussten. Es liegt nichts gegen dich vor. Der OB hat dich bei unserem Chef angekackt und gemeint, du könntest was wissen. Also mussten wir reagieren. So rein politisch. Hast du dem auf den Schlips getreten?“
Ein paar wage Gesten. Wir verabschieden uns. Besser nicht auf Wiedersehen. Lebe wohl wäre mir deutlich lieber.
Ins Wohnzimmer zu Luz. Eine neue CD. Siglo XX „Flowers For The Rebels“. Lange nicht gehört, gar nicht mal übel.
Sie lächelt mir verschwörerisch zu. Wir lassen den Abend ausklingen.
Morgen ist Mittwoch. Also sind wir alle im „Mercy Seat“.Wie jeden Mittwoch seit vielen Jahren.

Und so soll es auch bleiben.

***
Am Freitag geht es weiter.

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Donnerstag, 22. Dezember 2016
08 Fad Gadget “For Whom The Bells Toll”
Montag

Der Wecker klingelt. Ich bin nicht mehr unbedingt im Tiefschlaf und deshalb recht schnell damit, den Wecker abzuwürgen und die Random-Taste am CD-Player zu drücken. Heute ist Montag, möge das Spiel beginnen.
Ich lausche gespannt. Heute „Blue Monday“, das wäre der Hammer. Welche arme Sau würde dem OB sagen müssen, dass der Krawallek nicht kommt?
Werden wir nicht erfahren, denn Billy Idol erfreut uns mit „White Wedding“. Unpassender geht es kaum. Obwohl „It’s a nice day to start again“ könnte schon hinkommen. Wer weiß, wie das heute alles so läuft.
Es ist schon neun. Pete hat gestern meinen Chip mitgenommen und mich eingestempelt. Ich will nicht vorher noch ins Büro sondern direkt zum jüngsten Gericht. Mein Stundenkonto muss ich aber auch im Auge behalten. Nicht dass ich in der Hinsicht Ärger bekomme.
Luz steht mit mir auf. Während ich mich restauriere, brät sie mir ein katalanisches Omelett zum Frühstück. Das macht sie leider nur sehr selten, aber immer sehr gut. Das Ding ist auch heute wieder der Knaller.
Henkersmahlzeit beendet. Aufbruch.

Im Rathaus rauf ins 4. OG. Dort residiert die Elite.
Ohne Klopfen betrete ich das Büro von der Tuse. Sie hasst mich dafür, das sehe ich ihr sofort an. Doch nach weinigen Augenblicken überwiegt dann bei ihr die Vorfreude, dass es mir gleich an den nicht perfekt gebügelten Kragen geht. Am liebsten würde sie bestimmt mit rein.
Und die Peitsche schwingen. In einem engen Lederkleid. Die Phantasie geht mit mir durch und ich beginne zu kichern. Sie schaut jetzt verständnislos zu mir hoch.
Mein Versuch mich zu beherrschen, ist nur bedingt erfolgreich. Zumindest mach ich keine Geräusche mehr, aber die Mimik habe ich noch nicht ganz unter Kontrolle.
„Tut mir sehr leid, Herr Krawallek,. Aber der Oberbürgermeister ist ein sehr beschäftigter Mann. Sie müssen sich noch mindestens eine halbe Stunde gedulden. Warten Sie bitte draußen auf dem Gang.“
Ich trolle mich und pflanze mich auf die Bank vor der Tür.
Es war klar, dass das passieren würde. Das ist immer so. Er glaubt, die Leute werden nervös und unruhig, wenn er sie warten lässt. Aber nicht wenn jeder vorher genau weiß, dass es so abläuft.
So sitze ich da und denke nach. Da kommt mir eine zweifelsfrei äußerst verwegene Idee. Wirklich sehr gewagt. Wie ein Kleid mit außerordentlich hohem Schlitz. Aber es ist nun mal die allererste überhaupt.

Und sie bleibt alleine, denn dann ist es so weit. Ich werde mit strenger Stimme hereinzitiert.
Ich latsche an der Tuse vor bei. Die strahlt übers ganze viel zu stark geschminkte Gesicht. Endlich kriegt der blöde Penner, was er schon lange braucht. Sie sabbert fast. Sollte sie aber unbedingt unter Kontrolle behalten. Ist sonst nicht gut für den Lippenstift.
Vor seinem Schreibtisch wartet ein Stuhl auf mich. Ich setze mich sofort. Er steht da, als hätte er erwartet, dass ich ihm die Hand schüttle. Jetzt wirkt er zunächst leicht irritiert und nimmt dann langsam auf seiner Seite Platz.
„Herr Krawallek. Wie lange sind Sie jetzt bei der Stadt? Wie lange kennen wir uns also jetzt?“
Das war typisch für ihn. Außer für sich selbst interessiert er sich bestenfalls noch für junge Frauen. Er war Pauker, bevor er vor ein paar Jahren zum Großmeister der Stadtverwaltung gewählt worden ist. Und ich war auf der Penne. Dort haben sich unsere Wege mehr als einmal gekreuzt. Letztmalig in der Zwölf kurz vor dem Abi. Krawallek ist wirklich kein schöner Name, aber zumindest bleibt er hängen. Und er ist selten.
„Bei der Stadt bin ich seit etwa achtzehn Jahren. Wie lange wir uns kennen, könnten Sie dem Lebenslauf in meiner hübschen Personalakte entnehmen.“
Dabei wedele ich ein bisschen mit der linken Hand rum und deute auf die Mappe, die direkt vor ihm auf dem Tisch liegt. Er starrt auf die graue Akte und wirkt gerade nicht so wirklich cool oder souverän.
Ein erster Treffer. Krawallek macht Krawall.
Er setzt neu an.
„Herr Krawallek, wir müssen über letzten Montag reden!. Ich habe dazu zunächst einige Fragen.“
„Ich habe auch eine.“
Pete und ich haben nicht viel rausbekommen. Aber zumindest ist uns klar geworden, dass die Sache mit dem Gewerkschaftshaus noch nicht offiziell ist. Es gibt auch keine Ausschreibung dafür oder etwas anderes in der Art. Niemand weiß richtig was. Und in der Runde der Meister hat er auch nur ganz allgemein von einem demnächst bevorstehendem und lukrativem Immobiliendeal gesprochen.
Ich setzte darauf dass er sich voreilig verplappert hat.
Alles auf Schwarz.
Die Kugel läuft.
Ich stehe auf. Ein Schritt vor. Die Hände auf die Schreibtischkante. Meine Augen treffen seine. Damit habe ich ihn richtig schön kalt erwischt und er weiß nicht sofort, wie er darauf reagieren soll.
„Was läuft da genau mit dem Gewerkschaftshaus?“
Der Schreck in seinen Augen sagt alles. Die Kugel bleibt liegen. Schwarz gewinnt. Und ich lächle, denn ich weiß, das Böse siegt immer. So haben es uns die Ärzte schon vor vielen Jahren gelehrt. Und wem sollen wir trauen, wenn nicht den Halbgöttern in Weiß?
„Herr Krawallek, lassen sie uns in Ruhe reden.“
„Ich denke, es ist im Moment alles gesagt.“
Drehung um 180 Grad und raus. Die Tuse guckt verwirrt. So schell hat sie nicht mit mir gerechnet. Und nicht in einem so gutem Zustand. Und schon gar nicht mit einem fröhlichen Lächeln im Gesicht.
Die Versuchung ist zu groß. Zu viel Euphorie und Adrenalin. Ich tätschle ihre von Unmengen Haarspray geformte Frisur.
„Na Mädchen, alles claro am Kilimandscharo?“
Sie ist total fassungslos und öffnet den Mund. Aber es kommt nichts. Bestenfalls ein wenig warme Luft. Ansonsten nur Schweigen im Walde beziehungsweise im Vorzimmer. Weiter geht es Richtung Tür. Ich will raus. Muss mir die Händewaschen. Mit so klebrigen Fingern kann man keine Zigaretten drehen.
Hinter mir brüllt der OB.
„Frau Schulz, sofort in mein Büro!“
So ist er. Der Frust muss raus. Er sucht sich ein wehrloses Opfer. So war er schon immer.

Kurz darauf lehne ich draußen an der Wand und rauche meine mit frisch gewaschenen Händen gekurbelte Flupppe. Für den Moment bin ich erst mal aus der Nummer. Aber von jetzt an gilt erhöhte Vorsicht. Das ist lange nicht zu Ende.
Wenn ich sowieso hier im Rathaus bin, kann ich auch noch ein wenig bleiben. Wir brauchen Hilfe, Vielleicht finden wir die hier direkt im Zentrum der lokalen Macht.
DreiElf ist ein Kandidat. Der Datenmörder ist verlässlich und wir mögen uns. Selbst wenn er nicht helfen kann oder will, wird er mich nicht in die Pfanne hauen.
Glaube ich zumindest. Und Glaube soll ja Berge versetzten können, heißt es aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen. Aber Berge sind nicht das Problem, was aber auch zum Großteil daran liegt, dass wir hier in der Gegend eigentlich keine haben.
Keine Ahnung, wo sein Büro ist. Aber so viel EDV-Leute gibt es hier nicht. Gesucht, gefunden und rein. DreiElf hebt den Kopf und fängt an zu lachen.
„Waller, du dreistes Arschloch.“
Wir mögen uns halt.
„Du hast ganz schon Strom in den Laden gebracht.“
Offensichtlich ist der Flurfunk in einem sehr guten Zustand. Sowohl die Sender als auch die Empfänger scheinen frisch in der Wartung gewesen zu sein. Ist alles doch gerade erst eine knappe Viertelsunde her und selbst die EDV weiß schon Bescheid. Und die sind bei solchen Sachen in der Regel die, die als letzte was mitkriegen. Das wird sicher auch erst anders, wenn irgendwann auch der Flurfunk digitalisiert ist und übers Breitbandkabel läuft.
„Ich könnte deine Hilfe brauchen.“
Ohne zu zögern oder weitere Fragen zu stellen greift er nach seinen Zigaretten.
„Draußen.“
Unterwegs hält er seinen Chip an die Stempeluhr.
„Du erinnerst dich, das du jedes Terminal in jedem Gebäude benutzen darfst?“
Ich winke ab. ‚Er kneift mir ein Auge zu.
„Du stempelst nie zum rauchen aus.“
Draußen gehen wir bis ganz hinten durch. Da steht nur selten einer rum und im November schon gar nicht. Hier haben wir Ruhe. DreiElf bekommt von mir Input.
„Und jetzt willst du von mir, dass ich mal so ganz heimlich durch die virtuellen Gänge schleiche und hier und da mal einen Blick riskiere?“
Tonlage und Mimik lassen keine Rückschlüsse zu. Daher nicke ich einfach nur. So was in der Art stelle ich mir vor.
„Alles klar, wenn ich was finde, melde ich mich.“
Wir tauschen Mobilnummern. Er drückt mir kurz die Hand und geht. Es ist gut, dass er dabei ist.

Der Tag läuft bisher wirklich gut. Geht da noch was? Siouxsie? Die Begeisterung hält sich in engen Grenzen, aber sie ist eine von meinen Aufgaben. Oder vielleicht auch Herausforderungen. Je nach Standpunkt und Sichtweise.
Zumindest weiß ich, wo ihr Büro ist. Auf der Treppe summe ich vor mich hin. The Smiths. „Girl Afraid“
Tür auf und ganz fix rein. Sie ist alleine im Raum. Gut. Sie wirkt überrascht, vielleicht gleichzeitig sogar ein weinig erfreut mich zu sehen. Was auch immer das bedeuten mag.
„Hi Waller, willst du dich doch mit mir daten?“
„Selber ein hi, Und nein, kein Date.“
Ehe sie mich gleich wieder rausschmeißen kann, parke ich schnell meinen Hintern auf der Schreibtischkante. Sie guckt ein wenig so, als wenn ich das Schild übersehen hätte und jetzt dort im Halteverbot sitzen würde.
„Ich möchte um deine Hilfe bitten. Die wollen hier intern irgendwas mit dem Gewerkschaftshaus drehen und dann ist auch das „Mercy Seat“ Geschichte.“
Ihr Blickt geht zur Decke Richtung Chefetage.
„Du hast da oben ganz schön gezündelt. Der Chef tobt. Und die Schulz heult.“
Ihre Miene zeigt reichlich wenig Bedauern für die beiden. Ganz im Gegenteil. Bevor ich auch nur ein einziges Wort dazu sagen kann, springt sie plötzlich auf. Sie steht jetzt ganz nah vor mir. Auge in Auge.
„Waller, was habt ihr vor? Bist du wahnsinnig? Was soll das denn werden?“
Ich erinnere mich, sie ist manchmal etwas emotional, aber das sind alles berechtigte Fragen. Ich suche nach Worten. Aber suchen bedeutet nicht immer auch schnell finden.
„Und was soll ich jetzt dabei tun?“
Siouxsie ist manchmal etwas sprunghaft, aber meist am Ende doch eine Bank.
„Wir müssen etwas über diese Erbengemeinschaft von Holger Schäfer rausfinden. Wer sich dahinter verbirgt und so. Namen und was sonst noch geht. Zeus versucht da auch was über die Sparkassenschiene. Und halt alles, was mit der Sache zu tun haben könnte. “
Sie nickt nachdenklich. Plötzlich durchquert eine abenteuerliche, aber gute Idee meinen Kopf, bevor sie ganz durch ist, halte ich sie noch schnell fest.
„Kannst du heute Abend um acht im „Mercy Seat“ sein?“
„Willst du dich jetzt doch mit mir daten?“
„Nein. Immer noch nicht.“
„Ich werde da sein.“
Sie hat angebissen. Sie ist neugierig. Es ist gut, dass sie mit an Bord ist.

Raus aus dem Rathaus. Rein in ein Cafe. Mittagszeit.
Eine SMS an Pete. Er soll mich später auch wieder ausstempeln. Von der Stadtverwaltung habe ich für heute genug. Die Antwort besteht nur aus einem Wort.
„Bombenleger“
Der Flurfunk hat auch unser Gebäude erreicht.

Zuhause ist niemand. Luz hat sich für heute ein paar Termine gemacht.
Ich suche mir was von And Also The Trees aus dem Regal. Es ist Zeit für etwas ruhiges. Ich komme nicht an der „Virus Meadwow“ vorbei. Das ganze Ding ist aus einem Guss. Ein absolutes Knalleralbum.
Luz kommt heim.
„Immerhin lebst du noch.“
Ich erzähle ihr von meinem Auftritt beim Chef. Und von DreiElf. Und von Siouxsie. Sie funkelt mich an. Bevor sie auch nur ein Wort raus bekommt, rede ich weiter.
„Und die kommt heute ins „Mercy Seat“ und du wirst mit mir dahin gehen.“
Ein ungewolltes Grinsen von einem Ohr zum anderen. Meine Mimik gerät schon wieder außer Kontrolle. So geht das damit nicht weiter, ich muss das zügig wieder in den Griff kriegen.
„Und mehr sage ich jetzt nicht dazu. Warts ab“
Sie mustert mich. Dann lächelt sie.

Um halb acht sind wir auf dem Weg. Ich hoffe, ich habe nichts vergessen und es läuft gleich so, wie ich es hoffentlich geschickt eingestielt habe.
Wir treten ein. Zeus steht alleine an unseren Tischen. Er ist jeden Montag um diese Zeit da. Vorher besucht er seine Muter im Pflegeheim um die Ecke. Auch wenn sonst niemand kommt, auf ein Bier bleibt er immer. Wir gesellen uns zu ihm.
Kati bringt die Getränke und wirft mir heimlich einen verschwörerischen Blick zu.
Die Gläser bimmeln.
Acht Uhr. Siouxsie kommt rein und zu uns rüber. Ein kurzes Hallo. Dann Schweigen.
Siouxsie und Zeus sind beide an der Erbengemeinschaft dran. Da haben sie sich bestimmt einiges zu bereden. Und Zeus steht auf Siouxsie. Schon lange.
Zeit für Luz und mich zu gehen. Mein Handy klingelt.
„Hallo?“
Ich höre zu, auch wenn auf der anderen Seite nicht gesprochen wird. Hinter der Theke steht Kati mit ihrem Telefon in der Hand und schielt grinsend zu mir rüber.
„Alles klar. Wir sind unterwegs.“
„Tut mir leid, Luz und ich müssen weg.“
Und schon setze ich mich in Bewegung. Luz folgt mir und fragt sich wohl, was los sein könnte. Ich winke Kati und Nick zu. Draußen hält mich Luz fest.
„Wer hat denn jetzt angerufen? Was ist denn passiert.“
„Nichts ist passiert. Kati hat angerufen. Der Zeus steht doch voll auf die Siouxsie. Und der kommt bei so was doch nicht in die Gänge. Da wollt ich ihm mal über die Straße helfen“
„Scheiße. Der Waller ist mit Amors Pfeil und Bogen zugange. Ich fasse es nun wirklich nicht.“
Wir schütteln uns vor lachen. Der Captain taucht auf.
„Hi, ist mit euch alles in Ordnung?“
Statt einer Antwort zeigen wir auf das Fenster. Er guckt rein und sieht Zeus und Siouxsie dicht beieinander stehend und intensiv ins Gespräch vertieft.
„Wie hat er das denn jetzt plötzlich hingekriegt? Das hat er doch ewig nicht auf die Kette bekommen.“
Luz zeigt auf mich.
„Da hat der Liebesbote hier seine Finger drin.“
Der Captain lacht erst, wird dann aber ernst.
„Waller, es könnte Ärger geben. Du hast da heute wohl was losgetreten.“
„Ja, mag sein.“
„Nein, ist so. ich habe vorhin meinen Nachbarn getroffen, der ist bei den Sheriffs. Der OB hat heute Nachmittag den Oberpolizeimenschen besucht. Es ging um den Einbruch bei Seelmann in der Firma. Und der OB hat dabei deinen Namen genannt.“
Das ist jetzt doch überraschend.
„Die Sheriffs wissen aber nicht so genau, was sie jetzt machen sollen. Da war nichts Handfestes dabei. Wenn die dich besuchen, weißt du zumindest warum.“
Im Gegenzug erzähle ich im, was heute Vormittag so geschehen ist.
„Geht ihr noch woanders was trinken?“
„Nein, wir müssen heute früh ins Bett.“
Luz verdreht die Augen. Der Captain geht grinsend seiner Wege. Jetzt haben wir auch noch die Sheriffs am Hacken.
„Komm du Held, wir müssen früh ins Bett.“
Luz nimmt meine Hand und lächelt. Ein wüster Tag. Aber er hätte schlimmer sein können.

Und zwar deutlich.

***
Am Montag geht es weiter.

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Sonntag, 18. Dezember 2016
07 Children On Stun “Beginning Of The End”
Sonntag

Gegen acht machen wir uns auf den Weg ins „Mercy Seat“. Es ist nichts abgesprochen, aber alle werden da sein.
Vor der Tür treffen wir Zeus und TomTom. Wir gehen zusammen rein. Der Captain und Pete sind schon da. Der Captain hat sogar seine Claudia dabei. Das ist selten. Direkt nach uns kommen auch Snake und Betty. Kati bringt die Getränke.
Die Gläser bimmeln.
Der Preacherman betritt die Kneipe und sieht zögernd in unsere Richtung. Sergio Leone hat über Clint Eastwood mal gesagt, er hätte nur zwei Gesichtsausdrücke. Einen mit Hut, einen ohne Hut. Der Preacherman trägt immer seinen Hut.
Wir winken dem Preacherman erst grüßend zu und ihn dann einladend zu uns heran. Eingerostete Gesichtmuskeln bewegen sich vorsichtig. Der Preacherman lächelt, als er sich zu uns gesellt. Die alt bekannte Welt scheint im Wandel. Mehr als nur ein kleines Bisschen.
Es gibt ein großes Palaver. Keiner weiß was aber jeder hat dazu viel zu sagen. Der Einbruch bei Seelmanns ist jetzt Thema.
„Was mag denn wohl VOD bedeuten?“
Keine Ahnung, von wem die Frage kommt. Sie ist eher rhetorischer Art, steht aber trotzdem zunächst wartend im Raum rum. Aber nicht sehr lange. Dann nimmt sich Luz ihrer an.
„Vengeance Of Durruti.”
Stille. Alle sehen Luz an. TomTom lacht.
„Kein schlechter Tipp. Gefällt mir.“
Ein Blick zu Luz und ich weiß, dass sie es raus hauen wird. Innerlich schlage ich die Hände vors Gesicht, äußerlich bleibe ich vollkommen unbeeindruckt. Das kann ich gut, ich bin schon lange im öffentlichen Dienst.
„Schön, dass es dir gefällt. Aber es mehr als ein Tipp.“
Vollkommenen Stille. Eine schöne Abwechselung zu dem ganzen Radau davor.
Ich gehe die paar Schritte zur Theke und sage Nick, dass er dazukommen soll. Er schaut zu Kati, die winkt ihn weg. Es ist nicht so viel los. Das schafft sie locker alleine.
Zusammen kehren wir zurück. Genau rechtzeitig. Zumindest TomTom hat seine Stimme wiedergefunden. Er steht jetzt direkt neben Luz.
„Wart ihr das?“
„Nein.“
Er schaut kurz zu mir rüber. Ich schüttle den Kopf.
„Aber ich weiß, wer es war.“
Ein Blick in meine Richtung. Ich zucke mit den Schultern, damit er weiß, dass ich es nicht weiß.
„Und bei dem Bruch ist doch was weggekommen. Ein Ordner mit Unterlagen über diese Hütte hier. So richtig schlau sind wir daraus aber noch nicht geworden. Wir haben das Teil gestern Abend sicher untergebracht.“
Ich fange schon an zu nicken, bevor sich sein Kopf in meine Richtung dreht.
Snake und Betty grinsen sich an und schütteln die Köpfe. Jetzt wissen sie was da gestern gelaufen ist.
TomToms Augen blitzen. In ihm steckt mehr als man vielleicht glauben mag. Mich überrascht das nicht, wir kennen uns lange, so war er schon immer. Und er kann schnell denken. Immer. Auch wenn es Stress gibt.
„Dann lasst uns mal überlegen, was jetzt passieren muss. Ich würde da gerne auch reingucken.“
Gute Idee. TomTom hat ein besseres Auge für so was als wir. Luz will den Kontakt herstellen. Der Ordner soll bleiben, wo er ist. Besser ist das.
„Wissen wir eigentlich, wann das mit dem Abriss und so starten soll? Wie viel Zeit bleibt da eigentlich noch? Einen Tag? Oder ein Jahr?“
Das war Claudia. Ihr erster Gesprächsbeitrag am ganzen Abend. Und dann gleich so ein Pfund.
Alle gucken in die Runde. Kopfschütteln und Schulterzucken. Die nahliegendste Frage haben wir übersehen. Das müssen wir rausfinden. Und wir müssen wissen, wer hinter der Erbengemeinschaft steckt. Wir fragen Nick, an wen der seine Miete zahlt.
„Auf ein Konto bei der Sparkasse, dass unter Erbengemeinschaft Holger Schäfer läuft. Das geht über die Hausverwaltung Merk. Kurz nach Holgers Tod hat mir eine Anwältin die Infos gegeben, wie es ab jetzt weiter geht. Ich rufe die Verwaltung mal an und frage nach.“
Zeus will mit seiner Schwester reden. Die arbeitet bei der Sparkasse.
Pete und ich werden weiter versuchen durch die Kanäle der Stadt vielleicht doch noch an Infos zu gelangen.
„Der Seelmann profitiert ja wohl am meisten. Das der drin hängt, wissen wir ja. Aber irgendwer bei der Stadt muss da auch was von haben. Wahrscheinlich aber nicht so ganz offiziell ...“
TomTom ist clever. Er denkt schnell. Und er grinst . Auch ein Job für Pete und mich. Hätten wir doch was Ordentliches gelernt.
Zeus zeigt auf das Hinterzimmer mit den Kickertischen. Wir sind da noch von Mittwoch eine Runde kurz. Das müssen wir nachholen. Auch wenn es spät wird.
Kati bringt neue Getränke. Die Gläser bimmeln.
Wir bilden Teams. Der Preacherman hebt die Hände. Kickern scheint nicht sein Spiel zu sein. Aber er bleibt und schaut zu. Snake und Zeus gewinnen heute. Es ist spät. Wir trinken aus, Zeit zu gehen.

Morgen ist Visite beim Chef.

***
Am Freitag geht es weiter.

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Donnerstag, 15. Dezember 2016
06 Sad Lovers And Giants “Things We Never Did”
Samstag

Luz Handy klingelt und reißt uns aus dem Schlaf. Ich hatte mich gestern trotz des schweren Kampfes mit dem Ramazotti noch gewundert, dass sie das Ding mit ans Bett genommen hat. Das war ungewöhnlich, sie scheint wohl mit dem Anruf gerechnet zu haben.
Sie drückt die grüne Taste und hält sich das Teil ans Ohr. Sie hört kurz zu und nickt.
„Okay!“
Sie sagt nur diese eine Wort und legt das Handy weg. Steht auf, wirft sich ein Kleid über und schlüpft in ihre Schuhe. Zuerst in den Linken.
„Bin gleich wieder da.“
Und dann ist sie weg. Und kurz danach wieder zurück. Mit einem Lächeln auf den Lippen und einem Ordner unterm Arm. Sie guckt auf die Uhr und schaltet das Radio ein.
Radio. Da war doch was. Ich würde es spätestens aus dem Radio erfahren. Jetzt bin ich hellwach. Und zwar schlagartig. Und ich mache mir erneut Sorgen. Wie bereits gestern. Und ich fürchte, nicht zu Unrecht. Ich bin mir absolut sicher, nicht zu Unrecht.
„Neun Uhr dreißig. Ihre Lokalnachrichten.“
Mir fällt auf, dass ich vollkommen unentspannt bin. Luz hingegen strahlt, als wäre der Ordner aus Atommüll. Und ich habe noch nicht mal einen Kaffe gehabt, oder eine Zigarette oder besser beides in mindestens doppelt.
„Heute Nacht wurde in die Büroräume der Firma Seelmann Bau eingebrochen.“
Ich starre erst das Radio und danach Luz und anschließend den Ordner an.
„Gestohlen wurde nach Angaben der Polizei nichts.“
Ich starre den Ordner weiter an.
„Über den oder die Täter ist nichts bekannt. Am Tatort wurde allerdings ein Graffiti mit den Buchstaben VOD hinterlassen. Die Bedeutung ist bisher nicht bekannt.“
„Vengeance Of Durruti.“
Die letzte Worte sind nicht mehr aus dem Radio gekommen. Das hat Luz gesagt.
Mühsam löse ich meinen Blick von dem Ordner. Ich bin mir sicher, wo das Ding vorher war. Dann schaue ich in ihr strahlendes Gesicht. Gleichzeitig versuche ich mich halbwegs zu konzentrieren. Es ist an der Zeit, einen sinnvollen verbalen Beitrag zu leisten.
„Scheiße.“
Ich scheine in Hochform zu sein. Fast hätte es zumindest zu einer ausdrucksvollen Betonung gereicht.
„Du brauchst Kaffee.“
Definitiv vollkommen richtig. Eine echte Menschenkennerin. Drei Tassen Kaffee, zwei Zigaretten, einen Toilettengang und null Worte später bin ich auch schon bereit.
„Was ist denn hier los? Ist der Ordner aus dem Büro vom Seelmann?“
Eine blöde Frage, aber ich will die Antwort hören, damit ich es besser glauben kann.
„Ja, ist er, aber du hast ja gehört, dass da eigentlich gar nichts verschwunden ist. Scheinbar gibt es den Ordner nicht. Also hat auch niemand was geklaut. Sonstwer nicht und wir sowieso auf gar keinen Fall nicht.“
„Wo wir gerade so nett über Sonstwen plaudern. Wer ist das?“
Luz denkt schweigend nach.
„Jemand, der bei mir noch was kurz war. Von früher. Frag bitte nicht. Du erfährst es, sobald das geht. Jetzt ist irgendwie nicht der richtige Zeitpunkt ...“
Kurzes Nachdenken. Diesmal meinerseits. Dann ein Nicken.
„Okay. Alles klar.“
Meine Gefährtin kennt also Leute von früher, die sie anrufen kann und die dann für sie einen Bruch machen. Weil sie bei ihr noch was kurz sind. Das habe ich nicht gedacht. Aber ich vertraue ihr. Vollkommen.
„Was steht drin?“
„Woher soll ich das denn wissen? Habe dir die ganze Zeit beim schweigen zugeguckt. Lass und das Ding zusammen durchsehen.“
Noch schnell einen Kaffee für jeden und dann ans Werk.

Knapp drei Stunden später sind wir durch mit dem Ding. Ein weinig schlauer, aber lange nicht allwissend. Da ist einiges, bei dem uns der Zusammenhang wohl fehlt. Wir müssen mehr in Erfahrung bringen, dann würde die Sache auch runder werden. Vielleicht sogar zu einem richtigen Kreis.
Luz grinst zufrieden.
„Zumindest ist ja mal sicher, dass der Seelmann da ganz dick mit drin steckt. Aber was das mit dieser Erbengemeinschaft auf sich hat, bleibt für mich total unklar“.
Ein Schulterzucken. Wir brüten ein wenig vor uns hin, das Ergebnis bleibt mau.
„Weißt du, was ich nicht verstehe?“
„Kisuaheli?“
„Richtig, nicht ein einziges Wort. Aber eigentlich ging es mir um was anderes. Warum wurde da dieses VOD hingeschrieben?“
„Mir ist auf die Schnelle nichts besseres eingefallen. Es war ja nicht klar, ob er überhaupt etwas finden würde. Es scheint da aber ein Regal mit Unterlagen für neue Projekt zu geben. Viel war da wohl nicht drin, aber halt der Ordner hier. Aber es sollte auf jeden Fall irgendwie ein Zeichen oder eine Botschaft geben. Da habe ich ihm gesagt, dass er VOD sprühen soll. Groß. In Schwarz und Rot.“
Schwarz und Rot. Die Farben der CNT. Die Farben der FAI.
Buenaventura Durruti. Der große Held der spanischen Anarchisten. Er führte seine Kolonne nach Madrid, um die Stadt vor dem Fall zu retten. Dort starb er dann schon weinige Monate nach Beginn des Bürgerkriegs. Wer ihn erschossen hat, ist ungeklärt. Eine halbe Millionen Menschen sollen bei seiner Beerdigung in Barcelona auf den Straßen gewesen sein. Auch Miguel gehörte dazu.
„Ich find es gut. VOD hat eine Message.“
Auch wenn unklar ist, was die Sheriffs unternehmen werden, sie werden etwas unternehmen. Wir glauben nicht, dass die auf uns kommen, aber der Ordner soll trotzdem nicht hier bleiben. Aber wohin damit?
„Ich kenn da welche, nicht weit weg, aber weit genug. Da könnten wir den hinbringen, die sind verlässlich.“
Ich muss lachen. Jetzt nicht dieses amüsierte Lachen. Eher die hysterische Variante.
„Und die sind dir noch was kurz von früher. Keine Namen, vielleicht später. Und falls wir mit jemandem Ärger haben, die kümmern sich...“
„Nein, nein. Ganz harmlos. Aber die sind absolut okay.“
Ich nehme das dann so hin. Auch weil mir so spontan keine richtige Alternative einfällt. Die Sache war schnell am Telefon geklärt, wir können heute jederzeit da auftauchen.
„Besser ist, wenn wir das heimlich machen und irgendwie so ne Art Alibi haben.“
Habe ich zu viele Krimis gelesen oder bekomme ich schon die erste Paranoia? Wir schmieden einen Plan. Sicher ist sicher. Ich rufe Snake an.
„Seid ihr heute zuhause und können wir quasi bei euch sein, auch wenn wir woanders sind?“
Er versteht mein Kauderwelsch nicht sofort. Ein paar Sätze später ist er im Bilde und bereit.

Wir fahren mit dem Fiat zu Snake und Betty. Der Ordner liegt im Rucksack auf dem Rücksitz. Unterwegs „White Riot“ von The Clash. Wir singen laut mit. Der Wagen wird vorne an der Straße geparkt und wir gehen runter zum Haus. Snake und Betty wohnen am Ende einer kurzen Sackgasse. Wenn man das Haus hinten verlässt, kommt man über einen Waldweg da ungesehen wieder weg. Und weit bis zum Bahnhof ist es auch nicht.
Wir trinken zusammen ein Bier und quatschen. Die beiden merken, dass wir nicht so richtig damit raus wollen, was wir vorhaben. Sie fragen aber nicht nach. Sie wissen, dass wir reden werden, wenn wir bereit sind. Das macht man unter Freunden so.
Dann starten wir und machen uns auf den Weg zum Bahnhof. Wir versuchen möglichst unfällig zu bleiben, sofern dass für zwei komplett schwarz gekleidete Gestalten auf den Straßen unserer Stadt möglich ist.
Wir glauben nicht, dass wir jemandem aufgefallen sind. Der Zug kommt und dann sind wir unterwegs.

Drei Stunden später ist der Ordner untergebraucht und wir wieder zurück. Mit dem ÖPNV im Ruhrgebiet braucht man halt Zeit, auch wenn die Entfernungen nicht so groß sind. Mühsam ignorieren wir das Taxi und machen uns zu Fuß auf den Weg. Jetzt wollen wir auch nicht mehr auffallen.
Zwei Uhr morgens. Wir sind bei Snake und Betty. Da ist fast alles dunkel. Aber nicht alles, offiziell sind wir ja zu Besuch. Wir haben einen Schlüssel. Hinten rein, den Schlüssel an den Haken im Flur, vorne wieder raus.
Wir freuen uns den Fiat zu sehen.
Zähneputzen. Ab ins Bett. Ein langer Tag. Wir sind durch. Aber so richtig.

Schlafkoma.

***
Am Montag geht es weiter.

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Montag, 12. Dezember 2016
05 Spacemen 3 “Revolution”
Freitag

Ich schließe die Wohnungstür auf. Stille. Keine Musik. Komisch. Ich fühle aber das Luz da ist. Wir haben uns leider seit Mittwoch nicht wirklich gesprochen. Irgendwas war immer.
Und da ist sie. Sie sitzt am Küchentisch. Vor ihr eine Flasche Ramazotti, zwei Gläser, Eiswürfel im Kühler. Sehr ungewöhnlich um diese Uhrzeit. Sie guckt ernst.
„Da bist du ja.“
Tatsächlich. Stimmt, da bin ich. In voller Große und in voller was auch immer.
Ein Kuss in den Nacken. Weil ich es darf. Weil nur ich es darf.
Ich setze mich ihr gegenüber hin. Sie füllt die Gläser.
Die Gläser bimmeln.
Wir trinken jeder einen Schluck. Ich sehe sie an.
Luz. Lucia Emanuela Gomez Gonzalez.
In ihren Adern fließt viel spanisches Blut. Revolutionäres spanisches Blut. Revolutionäres katalanisches Blut um genau zu sein. Und der Unterschied ist wichtig. Ich würde mich nie trauen, sie eine Spanierin zu nennen. Dann brennt der Baum, auch ohne dass Weihnachten im Anmarsch ist. Ihr Opa Miguel war ein 1919 in Barcelona geborener Arbeiter. Ein Arbeiter mit Leib und Seele. Und mit Idealen.
Die Arbeiterbewegung in ganz Spanien und insbesondere in Katalonien war anders als in den übrigen Ländern, in denen die kommunistische Richtung die Oberhand hatte. In Spanien hatte sich die Mehrheit der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft Confederación Nacional del Trabajo angeschlossen. Eine Gewerkschaft, deren Ziel die soziale Revolution war und ist. Danach sollte es eine wirklich klassenlose Gesellschaft geben – auch ohne eine Klasse der Kader der Partei. Basisdemokratie pur. Und so was erfordert reichlich Disziplin. Anarcho-Syndikalismus ist harte Arbeit.
Hat aber auch was mit Bombenwerfen zu tun. Diesen Teil übernahm damals federführend die Federación Anarquista Ibérica.
Miguel war Mitlied der CNT. Und auch der FAI. Und deshalb kämpfte er drei Jahre lang im Spanischem Bürgerkrieg in Kolonnen der Gewerkschaft, ehe er mit seiner Frau nach dem Sieg Francos das Land verlassen musste. Viele Jahre später landeten die beiden mit ihren Kindern im Ruhrgebiet. Später wurde dort dann Luz geboren. Sie ist das älteste seiner Enkelkinder. Erst zum Sterben konnte er nach Barcelona zurückkehren.
Bevor er starb drückte er Luz seine verknitterte Mitgliedskarte der CNT in die Hand. Seitdem trägt sie die immer bei sich. Die FAI hatte keine Mitgliedskarten.
Ich hätte den stolzen katalanischen Arbeiter gerne kennen gelernt. Luz erzählt mir viel von ihm und seinen Idealen.
Unsere erste gemeinsame Reise ging nach Barcelona. Wir waren am Grab von Miguel und besuchten den Friedhof, auf dem Buenaventura Durruti begraben wurde.
In ihren Adern fließt revolutionäres katalanisches Blut.
„Erde an Waller?“
Ich weiß nicht, wie lange ich schweigend dagesessen habe. Sie merkt, dass ich jetzt weder nicht nur körperlich anwesend bin.
„Jetzt erzähl mal genau, was los ist.“
Eigentlich gibt es ja nicht viel dazu zu sagen. Der größte Teil ist ja nicht bekannt. Irgendwas ist im Busch, aber keiner weiß genau was oder in wenigstens in welchem. Zumindest wir tun das nicht. So bin ich recht schnell fertig mit der Geschichte.
„Wenn wir wenigstens wüssten, ob der Seelmann wirklich da drin hängt.“
Luz überlegt eine ganze lange Weile.
„Vielleicht geht da was.“
„Hat seine Olle noch was gesagt?.“
„Nein, die hat doch eh keine Ahnung. Und das gilt wirklich pauschal für alles. Die kümmert sich, dass die Kohle wieder möglichst schnell raus kommt aus dem Bunker. Die Geschäfte von ihrem Alten interessiert sie nicht die Bohne.“
Sie steht auf, nimmt das Telefon und geht zur Tür.
„Ich muss mal telefonieren.“
Tür auf. Luz raus. Tür zu. Das irritiert mich. Ist so eigentlich nicht ihr Stil. Abwarten und Ramazotti trinken.
Sie kommt wieder rein. Ich öffne den Mund, aber sie legt den Finger vor ihre Lippen.
„Frag nicht. Du wirst es früh genug erfahren. Spätestens morgen aus dem Radio.“
So richtig sprachlos bin ich selten. Jetzt aber schon.
„Mach dir keine Sorgen, Waller.“
Ich bin nicht unbedingt der Typ Mensch, der zum Sorgenmachen neigt. Allerdings führt der Satz „Mach dir keine Sorgen“ meistens dazu, dass ich mir welche mache. Und meist dann auch nicht unbedingt zu Unrecht.
Also mache ich mir Sorgen. Worüber auch immer. Ich habe keine Ahnung, aber ich frage nicht weiter nach.
Luz geht ins Wohnzimmer ans CD-Regal. Durch die offenen Tür sehe ich sie grinsen. Sei scheint gefunden zu haben, was sie gesucht hat.
Sie macht den Verstärker an und dreht am Regler. Stecker rein und alle Knöppe auf zehn.
The Adicts. „Viva La Revolution“. Nicht nur für uns beide. Auch für die Nachbarn.
In ihren Adern fließt revolutionäres katalanisches Blut.
Und offenkundig mehr, als ich bisher gedacht habe. Wir bekämpfen erfolgreich den Ramazotti und sind dann ziemlich früh im Bett.

Hasta la vista, Baby.

***
Am Freitag geht es weiter ...

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Freitag, 9. Dezember 2016
04 The Smiths “That Joke Isn’t Funny Anymore”
Donnerstag

Pete und ich haben heute versucht irgendwas in Erfahrung zu bringen. Es ist bisher nicht viel dabei heraus gekommen. Zumindest war nun aber klar, dass der OB am Montag von einem unerwarteten Immobiliendeal gesprochen hat, der gutes Geld einbringen sollte. Das ist zwar etwas, aber hilft auch nicht unbedingt entscheidend weiter.
Pete kommt zurück in mein Büro. Er sieht bestenfalls halbwegs zufrieden aus. Eher schon richtig unzufrieden..
„Hast du noch was rausgefunden?“
„Donnerstag. Neunzehn dreißig. Grundschule Bahnhofstraße.“
Ich schaue ihn vollkommen entgeistert an. Keine Ahnung, wovon er redet. Nicht den Hauch.
„Da trainieren dann die Pole Dance Mädels von Arminia. Hab doch gestern gesagt, dass ich das ganz easy rausfinden kann. Steht ja auf dem Hallenbelegungsplan. Muss man nur draufgucken, kann selbst ich. Will nur wahrscheinlich keiner wissen. Dabei hätten wir sogar einen Generalschlüssel für die Halle.“
Pete ist nicht nur unzufrieden, er ist absolut genervt. Ist eigentlich nicht seine Art.
„Und sonst?“
Er hebt die Achseln. Also wenig. Oder noch weniger. Vielleicht sogar gar nichts. Pete hat ein bisschen rumtelefoniert. Er hat bei den Frauen in der Verwaltung einen ziemlichen Schlag, lässt aber irgendwie alle abblitzen. Er macht da keinen Unterschied. Die, die ein Abenteuer gegen die eheliche Langeweile suchen, kommen genauso wenig zum Zug, wie die, die ernstere Absichten verfolgen. Und jetzt hat er versucht der holden Behördenweiblichkeit vorsichtig Infos zu entlocken. Es ist aber wohl beim Versuch geblieben.
„Du musst mit Siouxsie reden.“
Ich versuche Pete nonverbal durch Ignoranz zum Schweigen zu bringen.
„Das ist die beste Möglichkeit, die ich noch sehe.“
Schweigen. Natürlich hat er Recht. Er schiebt das Telefon näher zu mir. Ich wähle, es klingelt, ich warte, es wird abgehoben. Eine Kollegin.
„Waller hier, ist Siouxsie nicht da?“
Ich lausche, nicke verstehend und verabschiede mich.
„Was hat sie gesagt?“
„Zwei Tage Fortbildung. Ist erst Montag wieder da. Und das drüben darüber gesprochen wird, dass der Chef mir richtig den Arsch aufreißen will ...“
Pete zuckt mit den Schultern. Es ist immer schön, wenn meine Freunde an meinem eigenen Schicksal richtig Anteil nehmen und ihr Mitgefühl so offen zeigen.
„Damit ist zu rechnen. Privatnummer?“
„Hab ich nicht mehr.“
„Ehrlich?“
Ich nicke nachdrücklich. Und das ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
Im Radio läuft eine Ankündigung für eine Tour von einer Handvoll Comedians durch die umliegenden Unistädte. Das Ganze nennt sich Comedy College. Einer der Probanden gibt eine Kostprobe seines Könnens. Oder eher seines Unvermögens. Pete und ich verziehen keinen Miene. Der Typ ist grottenschlecht. Das ist eine Mischung aus alten und flachen Witzen. Teilweise sind es sogar alte, flache Witze. Wir schauen uns kopfschüttelnd an. Das motiviert uns nicht im Ansatz einen Hörsaal zu betreten. Andererseits hat uns auch in unserer offiziell aktiven Zeit als angehende Akademiker fast nichts motiviert, einen Hörsaal zu betreten.
„Weißt du, was ich nicht verstehe?“
Fast wäre es mir noch auf den letzten Drücker gelungen, die Frage anders zu stellen, aber wenn das Sprachzentrum erst mal aktiviert ist, kann es kaum noch gestoppt werden. Pete steigt auch sofort darauf ein.
„Polnisch?“
„Ja, seltsamerweise tatsächlich fast kein Wort. Obwohl mein Uropa ja von da ist. Aber eigentlich wollte ich auf was anderes hinaus. Wie können die mit einem solchen Mist solch einen Erfolg haben?“
Aber darauf weiß auch Pete keine nur ansatzweise passende Antwort. Es muss nicht Qualität sein, was sich durchsetzt, wie wir gerade auch wieder hinlänglich belegt bekommen haben. Auch aus Scheiße kann man Gold machen. Wenn das jemand mit Ahnung von Marketing ernsthaft will und sich dann kräftig darum kümmert.
Pete und ich haben genug für heute und machen zeitig Schluss. Beim Rausgehen treffen wir auf Judith. Sie ist eine comiclesende Esoterikerin. Oder vielleicht auch umgekehrt. Manche behaupten nämlich, sie sei eher eine esoterische Comicleserin. Ich weiß es auch nicht, bin mir aber nicht sicher, ob ich je den Mut finden werde, mit ihr auszudiskutieren, wo sie jetzt ihren Hauptschwerpunkt im Leben setzt. Bei ihr weiß man nie, ob sie Buddha oder Asterix zitiert. Manchmal wechselt das auch schnell hin und her. Wie ein Blinker. Oder wie ein Strobolicht. Dann wird das Gespräch für alle anderen Beteiligten manchmal etwas mühsam.
„Ich habe morgen frei, Viel Glück am Montag. Du hast nichts zu fürchten, außer der Furcht an sich.“
Das klingt mehr nach Asterix. Oder doch nicht? Aber es hört sich doch irgendwie sinnvoll an. Wenn alles gut läuft, kann ich mir das vielleicht sogar übers Wochenende merken.
„Danke! Bis dahin!“

Hey, ho. Let’s go.

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Montag, 5. Dezember 2016
03 Nick Cave & The Bad Seeds “That Mercy Seat”
Mittwoch

Halb neun. Mittwoch, der klassische In-Der-Woche-Ausgeh-Tag. In den Achtziger und Neunziger sind wir später dann immer noch in die Discos. Alle hatten auf, viele waren da. Living like there’s no tomorrow. Die Zeiten sind aber vorbei, also nur auf drei, vier Bier in die Kneipe.
Ich hangele nach meinen Docs. Wie immer zuerst den linken Schlappen. Ich glaube ganz fest daran, dass mir großes Unheil droht, wenn ich den rechten vor dem linken anziehe. Wahrscheinlich sehen das die Rechten genau anders rum.
Gestern habe ich die Tuse vom OB angerufen. Was blieb mir. Irgendwann im Laufe des Vormittags musste es passieren. Ich kann auf die Frau gar nicht und ergötze mich ein wenig an ihrer Empörung über mein respektlos Benehmen. Zumindest ein kleiner Spaß.
Aber am Montag um zehn habe ich dort einen Auftritt. Als Solist. Beim Chef. Ich würde einen Plan brauchen. Bis jetzt habe ich keinen.
Montag - würde mich da Blue Monday retten? Wenn ja, müsste ich mich danach aber wirklich warm anziehen. Ich würde im Anschluss auf jeden Fall auch einen Plan B brauchen. Und der müsste aber mal absolut ein Knaller sein. Alles Spekulation und Zukunftsmusik. Ich habe noch nicht mal den dringend notwendigen Plan A.
Zurück in die Küche. Luz sitzt am Tisch und liest. Im Hintergrund „No Rest For The Wicked“ von New Model Army. Die Frau hat Geschmack.
Ich küsse sie zum Abschied. Weil ich es darf. Weil nur ich es darf.
* * *
Und schon bin ich auf dem Weg. Ins „Mercy Seat“. Weit mehr als nur irgendeine Kneipe. Unsere Kneipe. Schon immer. Und für ewig. „First And Last And Always“.
Fünf Minuten Fußweg, genau eine Zigarette.
Der Laden entstand in der Zeit, als der Kommunismus vor dem Kapital kapitulierte und uns im Zuge dessen auch die Wiedervereinigung beschert wurde.
Die Hütte ist in einem alten Gewerkschaftshaus, das der Stadt gehört. Das Ding ist aber über so eine Art Pachtvertrag für 99 Jahre damals an einen Typen gegangen. Der ist längst tot und jetzt hängen da seine Erben drin. Keiner weiß da genau Bescheid. Will eigentlich auch niemand wirklich wissen. Wahrscheinlich wissen die das selbst nicht so genau. Zumindest war von denen noch nie was zu sehen oder hören.
Der Typ wollte damals aber eine Kneipe da drin haben und suchte einen Wirt. Er fand aber stattdessen nur Helmut Pozigalla. Und die beiden machten einen Deal. Auf Lebenszeit. Von dem, der länger durchhalten würde.
Die Wege von Helmut, der damals noch Galli genannt wurde , und uns hatten sich zwei Jahre vorher im „Klaro“ bereits gekreuzt. Das war ein sehr angesagter Underground-Club mit unglaublich guter und lauter Musik. Galli stand da hinter der Theke und hat immer mal vergessen, die Biere auf unserer Karte einzutragen. Der war auch sonst gut drauf und bald wurden wir Freunde.
Auffällig an Galli war schon immer, dass er ein noch gestörteres Verhältnis zu staatlichen Institutionen und so was hat, als der Rest von uns. Und wir halten da schon wirklich nicht viel von. Da geht er nur Kompromisse ein, wenn es gar nicht anders läuft. Das ging wohl schon als Jugendlicher los, denn er hat keinen Schulabschluss, weil er die öffentliche Schule einfach nicht mehr besucht hat. Bei so was kann er wirklich total eisern sein.
‚Dann übernahm Helmut Pozigalla den Laden und trommelte alle zusammen, die nicht schnell genug auf dem Baum waren. Das waren in erster Linie wir. Und wir renovierten und wir malochten. Und das Ergebnis war der Hammer.
Und ist es auch heute noch. Etwa alle drei Jahre bringen wir den Laden wieder richtig auf Vordermann. Der ganze Rest der Hütte ist aber leider inzwischen leer und auch ziemlich heruntergekommen.
Und da Helmut zu der Zeit unglaublich auf Nick Cave stand, nannte er den Schuppen „Mercy Seat“ und wir ihn seitdem nur noch Nick. Eine deutliche Verbesserung zu Helmut Pozigalla und Galli.
Und am Mittwoch sind wir immer alle da. Manchmal auch am Dienstag oder Donnerstags. Am Wochenende sowieso. Aber am Mittwoch immer.
Mittwochs tragen wir es auch richtig am Kicker aus. Nick hat damals, als der Laden neu war, zwei Supertische organisiert. Die hegen und pflegen wir seitdem voller Hingabe. Solche Tische gibt es heute nicht mehr zu kaufen. In den meisten Kneipen ist Kickern auch nicht mehr so richtig hipp, bei uns aber schon. Wir spielen immer noch. Und wir spielen richtig gut. Mehr als zwanzig Jahre intensive Übung haben tiefe Spuren hinterlassen.
Ein letzter Zug aus der Kippe. Ich bin da. Tür auf und rein. Interpol „PDA“, tolle Musik aus dem dritten Jahrtausend.
Wie immer belagern wir die beiden Stehtische neben der Theke. Jeder weiß, für wen die da stehen. Auch die Teens und Twens die den Laden ebenfalls mögen. Das ist gut, das sichert den Bestand.
Pete ist schon da. Und TomTom, Zeus und der Captain. Mein Blick schweift durch den Raum.
„Keine Sorge, Siouxsie ist nicht da.“
Ich habe Pete von unserer Begegnung der dritten Art am Montag im Rathaus erzählt. Mein Bier kommt.
Die Gläser bimmeln.
Großes Palaver. Alle sind gut drauf. Snake kommt auch noch.
Wieder Gläser bimmeln.
TomTom ist damals in der Penne in der Zehn pappen geblieben und kam zu Pete und mir in die Klasse. Er setzte sich sofort zu uns die letzte Reihe. Ab da saßen dann nicht mehr zwei, sondern drei schwarz gekleidete Gesellen ganz hinten. TomTom ist der schlauste von uns. Der kann echt gut und schnell denken.
Ende der Achtziger gab es in der Innenstadt einen Plattenladen, der „Zeus Records“ hieß. Da war immer der gleiche Typ am arbeiten. Da gab es immer sofort alle neuen Scheiben. Der Typ war auch total nett und hatte auch voll Ahnung. Er hat extrem viel zu unserer musikalischen Bildung beigetragen und tut das auch heute noch. Wir dachten daher, er sei Zeus und das wäre sein Laden. Also nannten wir ihn Zeus. Irgendwann stellten wir fest, dass er nicht Zeus und dass das auch nicht sein Laden war. Wir nennen ihn aber noch heute Zeus. Das ist ein guter Name.
Snake ist der große Bruder von Eve und der Captain ist schon immer sein Kumpel. Die beiden sind Nachbarskinder. Eve war oder ist die große Liebe von Pete. Die beiden waren auch etwa zehn Jahre zusammen, ehe sie in den Sack gehauen hat. Eve ist längst aus unserem Universum verschwunden, aber Snake und der Captain sind uns zum Glück darin erhalten geblieben.
Wir rauchen. Nick hält das Rauchverbot für eine Option. Kati, Nicks Tochter, bringt eine neue Runde.
Die Gläser bimmeln.
Die Tür geht auf und der Preacherman kommt rein. Der Typ ist knapp zwei Meter hoch und sieht aus, als wäre er bei den Sisters Of Mercy oder den Fields Of The Nephillim von der Bühne gefallen. Mit allem was dazu gehört. Großer Hut, langer Mantel, schwere Stiefel. Es fehlt nur der ganze Staub auf den Klamotten. Kein Mensch weiß, wie er heißt oder wo er wohnt oder sonst was. Nachdem er einige Male da war, haben wir ihn gefragt, wie wir ihn nennen sollen. Da hat er uns mit seinen dunklen Augen angesehen und ganz ruhig gesagt: „Ihr nennt mich Preacherman, wenn ihr von mir sprecht, also nennt mich auch Preacherman, wenn ihr mit mir sprecht“. Dabei wirkte er irgendwie ein bisschen unheimlich. Uns war gar nicht bewusst, dass wir das je laut ausgesprochen haben, wenn er da war. Vielleicht ist er ja auch ein Medium oder so was in der Art. Normalerweise spricht er nicht über sich. Meist spricht er gar nicht. Aber wenn doch, dann aber volles Programm.
Alle schauen Richtung Eingang. Mann weiß nie, was passiert. Entweder setzt er sich in einer Ecke allein an einen Tisch, trinkt sein Bier und brütet still vor sich hin. Oder er predigt. In einer Tour. Laut und eindringlich. Seine Themen dabei sind im Prinzip okay, aber die Art ist wirklich anstrengend.
Es ist ein Rätsel ,welche dieser beiden Inkarnationen jetzt durch Drogen hervorgerufen ist und welche nicht. Vielleicht sind es aber auch nur kleine Stimmungsschwankungen.
Er geht in eine Ecke und setzt sich. Das „Mercy Seat“ atmet auf.
Aber etwas stimmt nicht.
Kati hat die „Dawnrazor“ CD schon in der Hand, aber Nick tippt sie an und schüttelt den Kopf.
Etwas stimmt nicht. Nick bringt ihm ein Bier. Der Preacherman wirkt unsicher und nervös. Das hat es noch nie gegeben. Er schaut zu uns rüber und wir schauen zurück. Doch eine seiner gefürchteten Predigten?
Der Preacherman steht auf, nimmt sein Glas und geht in unsere Richtung. Wir rechnen mit allem und auch mit dem schlimmsten. Besser ist das.
„Ich muss mit euch reden.“
Damit haben wir nicht gerechnet.
„Und mit dir auch, Nick.“
Kati nickt ihm zu und er kommt zu uns rüber. Die meisten Teens und Twens sind bereits weg. Ist nicht mehr ihre Zeit.
Der Preacherman zögert und blickt in die Runde. Er ringt mit sich, seinen Händen und um Worte. Vielleicht spricht er wirklich nur äußerst selten mit Menschen.
„Ich war heute Morgen hier in der Straße.“
Der Preacherman lebt also auch tagsüber. Eigentlich selbstverständlich und doch gleichzeitig erstaunlich.
„Und hier standen Anzugsträger vor dem Haus und redeten von Abriss und so.“
Nick sieht ihn an.
„Geht nicht. Denkmalschutz.“
„Davon haben die auch gesprochen. Der soll wohl weg.“
Das klang jetzt aber nach einem Problem. Wenn die schon Pläne machen, das Haus abreißen zu wollen, muss im Vorfeld aber schon einiges bei der Stadt gelaufen sein. Da müssen auch diese Erben mit drin stecken.
Das „Mercy Seat“ dem Erdboden gleich gemacht? Das können wir uns überhaupt nicht vorstellen. Nicht mal im Ansatz. Aber vor einigen Minuten hatte ich mir auch nicht vorstellen können, dass wir uns mit dem Preacherman unterhalten würden. Und das tun wir jetzt gerade.
„Pete, Waller, ihr seid doch bei der Stadt. Da müsst ihr doch easy was rauskriegen können.“
„Wir können easy rauskriegen, wann die Pole Dance Mädels von Arminia in welcher Halle Training haben.“.
Pete ist manchmal echt trocken.
Alle reden drauf los, weil keiner eine Ahnung hat. Kati bringt neue Getränke.
Die Gläser bimmeln nur verhalten.
Im Hinterkopf entsteht das Gefühl, dass ich was Sinnvolles beitragen könnte. Es dauert aber, bis es sich zu einem kompletten Satz entwickelt.
„Der Seelmann hängt da mit drin. Luz war bei seiner Ollen und die hat ihr erzählt, dass die hier in der Gegend was in Planung haben. Ein ganz frisches Projekt soll das sein. Das kann ja dann wohl nur hier sein.“
Schweigen. Das „Mercy Seat“ womöglich ausgerechnet an diese Gestalt zu verlieren, wäre ja noch schlimmer.
„Und Montag in dem Palaver vom OB war da auch was. Hab ich aber nicht richtig mitgekriegt ...“
„Gibt es ein Protokoll von der Show?“
TomTom ist clever. Er denkt schnell.
“Das gibt es immer auf den letzten Drücker vor der nächsten Sitzung. Da gehen noch mehr als drei Wochen dahin, bis das bei mir eintrudelt. Die Veranstaltung dient doch nur zur Selbstdarstellung des obersten Herrn der Verwaltung. Es soll andächtig gelauscht und nicht kritisch nachgebohrt werden.“
„Dann musst du da vorher dran kommen oder sonst wie was in Erfahrung bringen.“
Vor meinem geistigen Auge erscheint das Bild , wie ich Montag bei meiner Abwatschung den OB noch beiläufig frage, ob seine Tuse das Protokoll schon fertig habe und mir das mal eben ausdrucken könne. Das würde nicht einfach werden. Die meisten von denen, die was wissen könnten, sind nicht unbedingt Freunde von Pete und mir. Eher ganz im Gegenteil. Das würde wirklich nicht einfach werden.
Es geht noch eine Zeit lang hoch her. Es ist spät, als wir die Tür hinter uns schließen. Wir sind noch nicht mal zum Kickern gekommen.
Ich drehe mir eine und latsche los. Gleich mehrere ernste Probleme. Ein paar Lösungen wären ganz nett. Und besonders nett wäre, wenn die Lösungen nicht einfach nur Lösungen wären, sondern auch zu den Problemen passen würden.
Daheim. Luz schläft schon. Ich liege die ganze Nacht wach.
Der Wecker scheppert.
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Am Freitag geht es weiter ...

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